Texte
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Ich-bin
Editiertes Transkript der Sonntagsgruppe vom 29.09.2019
und ist bereits.
Es bedarf keiner Anstrengung,
die Präsenz der Stille zu fühlen, sie zu wissen.
Es bedarf keiner Anstrengung,
um der Präsenz der Stille zu gewahren, ihr zu lauschen.
Einzig Stille ist.
Stille ist, Augenblick für Augenblick,
die Quelle allen Erfahrens.
Stille offenbart dein Sein,
das Sein aller und das Sein von allem.
Stille ist das wahre Ich allen Erfahrens.
Da wir Stille gewahren, gewahrt Stille uns.
Da wir Stille fühlen, fühlt Stille uns.
Da wir Stille lauschen, lauscht Stille uns.
Es ist ein Gewahren, ein Fühlen,
ein Lauschen, eine Präsenz, eine Liebe.
Lasst uns einige Minuten als und in und durch Stille ruhen.
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Ich habe für uns gestern Abend eine Geschichte geschrieben, die ich gleich vorlesen möchte. Es ist die Geschichte eines Baumes. Lasst uns die Geschichte entspannt, empfänglich und wach erleben:
Stell dir vor, du bist ein Obstbaum auf einer Wiese, inmitten vieler anderer Obstbäume.
Alle Bäume haben die Fähigkeit, sich gegenseitig wahrzunehmen und miteinander zu sprechen.
Sie sprechen über alles, was sie sehen können, über die Wiese, die Blumen, die Tiere, den Himmel, den Wind, die Wolken, das Licht und die Wärme der Sonnenstrahlen, die Dunkelheit und die Kälte der Nacht, den Regen, den Schnee, den Morgentau; über ihren Stamm, ihre Rinde, ihre Blätter, ihre Äste, ihre Früchte und über den Stamm, die Rinde, die Äste, die Blätter und die Früchte der anderen Bäume. Wenn sie gerade nicht sprechen, denken sie über all diese Dinge nach. Wenn sie schlafen, träumen sie von all diesen Dingen.
Stell dir vor, dass du, der Obstbaum, inmitten der anderen Obstbäume, eines Tages eine Stimme vernimmst, die dir sagt, dass du mit deinem Geist nicht nur nach außen schauen kannst, dir nicht nur deiner Außenwelt gewahr werden und über sie nachdenken kannst, sondern dass du mit deinem Geist nach innen zu fühlen vermagst, um dir dort all dessen gewahr zu werden, was dir allein mit dem Schauen nach Außen und dem Denken über die äußeren Dinge nicht bewusst ist.
Du beginnst mit deinem Geist nach innen zu fühlen, was dir zunächst schwerfällt.
Zu sehr bist du es gewohnt, den Geist nach außen zu richten und ihn dafür zu verwenden, über das, was du im Außen wahrnimmst, nachzudenken.
Du übst dich jedoch darin, nach innen zu fühlen. Mehr und mehr beginnst du eine stille, warme Präsenz zu spüren. Du spürst einen Frieden, den du zuvor nicht kanntest. Du bist offen dafür zu erfahren, was es mit dieser Präsenz auf sich hat. Die Stimme, die dich zum Fühlen nach innen inspiriert hat, meldet sich wieder und spricht: „Diese Präsenz ist dein inneres Bewusstsein. Es ist viel größer als das, was du im Außen erblicken kannst. Frage mich, wenn du mehr wissen möchtest.“
Da du weiter übst, nach innen zu fühlen, statt über Äußeres nachzudenken, spürst du immer deutlicher, dass dein Körper, dein Stamm deine Äste und selbst deine Blätter von einem wohligen Strom, einem sanften Fließen, durchdrungen sind. Du fragst die Stimme, was dieses Strömen ist. „Es ist die Kraft, die aus der Tiefe des Erdbodens in deinen Körper dringt und dich nährt.“
Du beginnst nun, nicht nur das Fließen dieser Kraft zu in dir spüren, sondern allmählich auch das Reich jenseits der Erdoberfläche. Auf deine Nachfrage erklärt dir die Stimme, dass deine Wiese nur ein winziges Stück der Oberfläche einer riesigen Kugel, deines Planeten ist, aus dem dein Leben hervorgeht.
Mit deinem Fühlen nach innen entsteht in dir ein inneres Bild von dem Planeten, auf dem du dich befindest. In einem stillen Moment wirst du dir gewahr, dass auch die anderen Bäume, ebenso wie die Wiese und die Blumen sich auf diesem Planeten befinden und einzig durch ihn ihr Leben haben. Ein bislang ungewohntes Gefühl der Verbundenheit mit den anderen Bäumen, der Wiese und den Blumen entsteht in dir. Du verspürst den Wunsch mit den anderen Bäumen über deine neue Wahrnehmung zu sprechen. Einige sind durch deine Worte inspiriert und beginnen selbst nach innen zu fühlen. Für die meisten jedoch ist das gewohnte Betrachten der äußeren Dinge und das Nachdenken über diese anziehender.
Da du weiter nach Innen fühlst und deine innere Schau des Planeten und dein Spüren der Verbundenheit alles Lebens zunimmt, wird die Empfindung des Strömens in dir feiner und feiner und du ahnst, dass dein inneres Erkennen über den Planeten hinausgehen könnte. Du fragst die Stimme und sie bestätigt deine Ahnung: „Ja, der Planet, auf dem du bist, befindet sich selbst inmitten einer Unendlichkeit an Planeten, Sternen und Sonnen. Die Aktivität der Erde, das Strömen des Lebens der Erde, dass du in deinem Stamm, deinen Ästen und deinen Blättern spürst, ist in Wirklichkeit die Aktivität der Unendlichkeit des Kosmos, der eine unendliche Anzahl von Planeten Sternen und Sonne umschließt und ebenso deren Leben ist.
„Unendlichkeit“ wiederholst du still im Inneren, „ja es ist Unendlichkeit, was ich nun zu spüren beginne.“ Da du weiter nach innen fühlst, spürst du mehr und mehr die Unendlichkeit des Kosmos und du beginnst im Inneren die herrliche Welt des Kosmos zu erblicken. Sterne, Planeten, Milchstraßen, Galaxien – weiter und weiter und weiter, unendlich und unbegrenzt. Ein großartiges Gefühl immenser Freiheit ist nun dein. Häufig verlierst du das Gefühl, ein Baum zu sein und auch das Bild deines Planeten und das Fühlen der Verbundenheit mit allem Leben des Planeten scheint zu verschwinden.
Manchmal scheint selbst die Erfahrung des Strömens und Fließens zu entschwinden und nur die Präsenz einer immensen Stille bleibt. Du fragst die Stimme, was es mit jener Stille auf sich hat. Die Stimme antwortet:
„Ich bin die Stille. Wenn du nach innen fühlst, fühlst du hin zu mir. Fahre fort nach Innen zu fühlen, durchquere deinen Planeten und lasse all deine Erfahrung auf dem Planeten hinter dir. Durchquere den Kosmos und lasse all seine Herrlichkeiten hinter dir. Ich lade dich ein: Komme zu mir. Gehe ganz in mich ein.“
Plötzlich steigt in dir ein Unbehagen auf. Du möchtest die Gespräche mit den anderen Bäumen, du möchtest die Welt der äußern Erfahrung mit all ihren Worten und Begriffen und vor allem möchtest du die Erfahrung der innigen Freundschaft mit jenen der Bäume, die wie du so gerne die innere Welt erfahren, nicht hinter dir lassen. Auch entsteht in dir das Gefühl, dass du selbst verschwinden wirst, wenn du der Einladung folgst und dich gänzlich zur Stille begibst. Du bist dir auch nicht sicher, ob du, so du gänzlich zur Stille gehst, noch weiterhin die Stimme, die dich bisher leitete, vernehmen wirst.
Du wendest dich an die Stimme und teilst ihr mit, dass es dir schwerfällt, deine gewohnte Welt und all ihrer Erfahrung zurückzulassen. Du wartest geduldig auf die Antwort der Stimme. Du fühlst dich zu dem Ort hingezogen, aus dem die Stimme zu kommen scheint – du liebst aber auch die Welt deiner Erfahrungen. In einer bestimmten zeitlosen Sekunde, in einem winzigen Augenblick, nimmst du die Einladung der Stille an. Die Welt, wie du sie kanntest, hört auf zu sein. Es ist, als ob kein Schauen, kein Wahrnehmen, kein Erfahren mehr möglich ist.
Jedoch vernimmst du die Stimme: „Ich bin die Quelle allen Seins; ich bin die Quelle der Unendlichkeit des Kosmos; in bin die Quelle allen Lebens; ich bin die Quelle der Bäume, der Baumstämme, der Äste, der Blätter und der Früchte. Ich bin all dies und unendlich mehr. Und du bist, was ich bin. Ich-bin ist mein Name und es ist nun dein Name. Du bist nun die Stimme, die Ich bin. Du bist und trägst den Namen des Namenlosen, den Namen der Stille. Der Name der Stille, dein Name, offenbart ewiglich alles, was ist.Ich-bin ist das Sehen, das Hören, Ich-bin ist alles Wahrnehmen.
Ich-bin ist das Schauen nach außen und das Fühlen nach innen. Ich-bin ist die Sehnsucht und die Erfüllung. Ich-bin ist die Suche und das Finden. Ich-bin ist reines Erfahren. Ich-bin ist reines Fühlen.Ich-bin ist reines Gewahren. Ich-bin ist reines Lauschen. Ich-bin ist reines Wissen.Ich bin Stille, das Namenlose, alles seiend.
Du ruhst. Du bist still. Du bist die Ruhe, du bist die Stille. Du bist Ich-bin. Du bist, was Stille ist. Stille ist dein Sein, das Sein von allen und allem. Einzig Stille ist – alles seiend.
Als ich gestern Geschichte schrieb, ist mir aufgefallen, dass sie nicht nur den scheinbar in der Zeit stattfindenden Prozess des Erwachens beschreibt, nicht nur den Beginn und das Ende der Suche, sondern auch die Praxis – die Praxis der Gegenwart Gottes, die Praxis der Stille, die Praxis der Meditation.
Im Schauen, im Fühlen nach innen gehen wir tiefer und tiefer. Wir sind bereit, die Welt der Erfahrungen der Oberfläche hinter uns zu lassen. Und wir sind bereit, die Welt der inneren Erfahrungen hinter uns zu lassen. Wir lieben die Stille. Wir lieben, das was, kein Gegenstand der Erfahrung ist. Es ist jene Stille, die uns von Beginn an gerufen hat, die uns inspirierte, nach innen zu schauen, nach innen zu fühlen, zu Stille hinzufühlen. Sie möchte unsere ganze Aufmerksamkeit, unser ganzes Sein, unser ganzes Lauschen. Und an einen Punkt in der Meditation, beginnt Stille zu sprechen. Es sind nicht wirklich Worte, obwohl auch dies möglich ist. Es ist vielmehr das Erleben: Nicht ich, ein scheinbares Wesen an der Oberfläche des Seins lebe, sondern Ich, Stille, lebe. Ich, Stille, lebe als mein Leben, lebe das Leben von allen und allem. Ich bin Stille, alles Leben seiend.
Dies ist das „Klicken“, das „Einrasten“ von dem Joel Goldsmith gesprochen hat. Es ist ein Sich-Umdrehen unserer Wahrnehmung. Wir schauen nun das Reich der Stille. Nicht wir, das Wesen der Oberfläche, schaut das Reich der Stille. Wir,Stille, schauen. Wir, Stille, schauen unser Reich. Und wir schaue unser Reich auch, da wir die Augen öffnen – da wir uns der Präsenz und der Aktivität von Stille bewusst bleiben. Dies geschieht dadurch, das wir, während die Wahrnehmungen geschehen, mehr an der Präsenz der Stille interessiert sind, als an den Objekten der Wahrnehmung als solchen, verstehend, dass alles der Wahrnehmung nicht als solches besteht, sondern die objekthafte Darstellung von Stille ist. Ja, die Darstellung mag verzerrt erscheinen. Sie mag behaupten, ich bin ich selbst, ein Wesen der Oberfläche, geboren an der Oberfläche. Doch wir wissen, dass alles – Augenblick um Augenblick – aus Stille geboren wird. Jeder Augenblick ist die Ganzheit von Stille, die Unendlichkeit, die Unbegrenztheit von Stille, jener Augenblick seiend.
In dieser Weise, in diesem lebendigen Erleben, regieren wir unser Reich. Wir regieren unser Reich, indem wir nicht auf die Erscheinungen der Welt als solche reagieren. Wir lassen die Tiefe unseres Seins unsere Worte und unsere Handlungen sein. Dies ist das lebendige Geschehen dessen, was wir sind. Dies ist das Leben von Ich-bin. Ich-bin reicht in die unendliche Tiefe unseres Seins und gestaltet sich aus dem Unendlichen heraus als unsere Erfahrungen des Alltags. Ich-bin ist das Geschehen unseres Seins. Ich-bin ist das „Wort“, welches „Fleisch“ ist. Ich-bin ist das Nicht-Körperhafte, welche sich körperhaft offenbart.
Im reinen Geschehen, im reinen Erfahren von Ich-bin gibt es kein Festhalten, kein Anhalten, kein Werden, kein Müssen, kein Sollen. Alles Müssen, alles Sollen sind Gedanken zu einer Welt, die gegenständlich erscheint, zu einer Welt, in der die Objekte der Erfahrung als solche anziehend zu sein scheinen, während es doch die Unendlichkeit von Stille ist, aus der alles Leben und alles Erfahren ist.
So können wir uns in der Meditation unseres Reiches so bewusst werden, wie es tatsächlich ist. Das Licht der Stille erleuchtet unseren Geist und unseren Körper. Die Liebe der Stille öffnet unser Herz. Und wir stehen auf und geben unserer Welt das Licht und die Liebe der Stille, der Quelle allen Seins.
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Zulassen
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 13.10.2019 im Zyklus „Stille ist“
Stille ist.
Die Unendlichkeit und Unbegrenztheit unseres Seins ist,
und ist bereits alles unseres Seins,
Augenblick für Augenblick.
Stille ist Licht und Liebe.
So lasst uns zutiefst vertrauen,
dass das Licht und die Liebe der Stille zugegen ist,
um uns ihr Wirken zu offenbaren,
Augenblick um Augenblick.
(Einige Minuten stilles Gewahren)
Das Wirken von Stille als alles unseres Seins zu erleben, ist einfacher als jede menschliche Auffassung von Einfachheit. Stille ist, was bereits als alles unseres Seins geschieht. Stille hält nichts zurück, gleich der Sonne, die ihre Strahlen nicht zurückhält. Stille, die Quelle unseres Seins, vermag ihr Wirken nicht zurückzuhalten.
Was ist unsere Aufgabe in diesem Geschehen? Was macht das unmittelbare Fühlen des Wirkens der Stille und das Lernen, in und aus der Präsenz der Stille, zu leben, so einfach? Es ist einzig eine Haltung. Es ist die Haltung des bewussten Zulassens. Da die Präsenz der Stille bereits alles ist, was ist, bedarf sie nicht unseres Zutuns. Das Wirken der Stille ist Gnade. Gnade ist das, was bereits ist und daher umsonst zugegen ist. Es bedarf keines Tuns, um das Wirken der Gnade, das Wirken der Stille, zu erleben. Wir müssen lediglich die Haltung finden, die dieses Erleben ermöglicht. Es ist die gleiche „Haltung“, die Stille – oder in unserem Bild die Sonne – selbst ist und hat. Wenn wir Stille oder der Sonne eine Haltung zusprechen würden, könnten wir sagen, es ist einzig eine Haltung des Zulassens. Die Sonne lässt ihr Strahlen einfach zu. Niemals käme sie auf die Idee, dies tun zu müssen. Sie käme auch niemals auf die Idee, für ein bestimmtes Ziel zu strahlen oder dafür, dass sie durch ihr Strahlen etwas zurückbekommt. Nein, die Sonne lässt ihr Strahlen, lässt ihr Licht, lässt ihre Wärme einfach nur zu. Und diese Haltung des Zulassens ist der natürliche Zustand des Seins. Es ist der einzige Zustand, der keiner Anstrengung bedarf und der – wir mögen es glauben oder nicht – auch keiner persönlichen Anstrengung bedarf, um aufrechterhalten zu werden. Wir können das Strahlen der Sonne nicht aufhalten. In gleicher Weise können wir auch das Strahlen der Liebe und des Lichtes der Quelle allen Seins, die Liebe und das Licht der Stille, nicht aufhalten. Und da nichts das Wirken von Stille aufhalten kann, ist die Idee das Wirken der Stille mittels einer persönlichen Anstrengung aufrechtzuerhalten zu müssen, natürlich unsinnig.
Wie finden wir die Haltung des Zulassens? Finden wir sie aus „uns selbst“ heraus – aus der Vorstellung, ein getrenntes Wesen zu sein, das erst etwas tun muss, damit das Licht und die Liebe der Quelle unseres Seins spürbar ist? Da einzig Stille ist und Stille allgegenwärtig ist– wo könnte ein solches, separates Wesen sein? Es ist lediglich die Annahme ein solches separates Wesen zu sein, welche mit der weiteren Annahme einhergeht, nun etwas tun zu müssen, um die Freude, die Fülle, die Ganzheit und Vollständigkeit unseres Seins zu erleben.
Der„neue Wein“, von dem Jesus gesprochen hat, das lebendige Strömen des Lichtes und der Liebe der Stille in uns, strömt nicht durch die „alten Schläuche“1. Das lebendige Wasser fließt nicht durch die Vorstellung, ein bedürftiges separates Selbst zu sein, das aus eigener Kraft etwas tun muss, um seine Fülle zu erleben. Das lebendige Wasser strömt und strömt – gänzlich unabhängig von jeder Idee eines getrennten Seins!
Wenn wir uns an den ersten Impuls zurückerinnern, ein Buch in die Hand zunehmen oder einen Vortrag zu hören, in dem davon gesprochen wird, dass Stille bereits alles ist, was ist und Stille sich als die Fülle und Vollkommenheit individuellen Seins ausdrücken möchte – woher kam dann dieser Impuls? Woher kam der Impuls unseren Geist von solch einer Wahrheit beflügeln und unser Herz von solch einer Wahrheit berühren zu lassen? Kam er aus der Annahme, ein separates Selbst zu sein? Oder kam der Impuls aus der Wirklichkeit, aus der Quelle, unseres Seins? Konnten wir uns als ein separates Selbst entscheiden, uns nun auf den sogenannten spirituellen Weg zu begeben? War es nicht viel mehr die bereits vorhandene Wahrheit in uns, die sich unserem bewussten Gewahrsein bemerkbar machte?
Wer oder was verrichtet also die Arbeit? Ist es nicht das Wirken, die Aktivität, die Intelligenz, das Licht, die Liebe der Quelle? Ist es nicht göttliches Geschehen? Und ist dies nicht das einzige tatsächliche Geschehen? Und ist es nicht ein Geschehen, welches sich selbst zulässt? Ein jeder und eine jede von uns sind gänzlich in, aus und durch dieses Geschehen; ja, wir sind dieses eine Geschehen – wir sind Stille uns seiend. Wie schwierig ist es also, das, worin wir sind, woraus wir sind und wodurch wir sind; wie schwierig ist es die Wahrheit dessen, was wir sind einfach zuzulassen?
Ja, es bedarf der Gewöhnung, das Wirken der Gnade zuzulassen. (Gnade ist das, was bereits und völlig umsonst zugegen ist.) Zu stark ist die Konditionierung, hierfür etwas tun zu müssen. Und so können wir sagen, wir üben uns im Zulassen. Wir üben uns in der Zusicherung zu ruhen, dass Stille bereits ist. Wir üben uns darin, dem Wirken des Lichtes und der Liebe unserer Quelle einfach zu gewahren, statt zu versuchen, die Quelle zu erreichen und etwas von der Quelle zu bekommen. Wie könnten wir versuchen, das zu bekommen, was bereits gänzlich unser ist?
Die Haltung des Zulassens können wir als eine Haltung des Raum-Gebens beschreiben. Wir geben dem Wirken der Stille allen Raum. Wir können auch sagen, dass wir dem Wirken der Stille allen Raum lassen.
Hierdurch fühlen wir, wie das Licht und die Liebe der Stille Raum einnimmt, unseren Geist erleuchtet unser Herz erwärmt und unseren Körper für ihr Wirken öffnet, sodass unser Sein ein Durchlass für das Wirken der Gnade sein kann. Stille ist bereits vollständig in sich selbst. Die Aktivität der Stille, das Strömen des Lichtes und der Liebe, möchte sich jedoch als individuelles Erfahren ihrer selbst offenbaren. Es ist der Wunsch der Quelle nach ihrer Selbstoffenbarung, den wir als die Inspiration fühlen, diesem Geschehen in uns allen Raum zur Verfügung zu stellen. Es ist einzig das Wirken der Stille in und als uns, welches die Arbeit verrichtet. Es ist Stille selbst, die ihr individuelles Sein als „du“ und „ich“ Augenblick für Augenblick offenbart. Was können oder müssen wir hierfür tun? Nichts – wir lassen zu. Was macht es uns möglich zuzulassen? Stille, Liebe, Licht selbst. Unsere Liebe zur Wirklichkeit ist einzig die Liebe der Wirklichkeit, die Liebe der Stille, und ihr Wunsch nach Selbstoffenbarung.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
Die Praxis der Stille ist eine Praxis des Zulassens, des Gewahrens, des sanften Lauschens, des nach Innen-Schauens.
Können wir aus einer Haltung, deren Grundannahme es ist, ein separates Selbst zu sein, wirklich nach innen schauen? Wenn wir es aus dieser Haltung heraus versuchen, ist es dann nicht so, dass wir annehmen, uns im Mangel zu befinden? Glauben wir dann nicht, dass wir, wenn wir nur erfolgreich „in die Stille gehen“, von dort die Fülle unseres Seins für uns persönlich zu erhalten? Dies ist nicht das Schauen nach innen. Dies ist ein Tun und kein einfaches Gewahren, kein Lauschen, kein Zulassen.
Die Haltung des Zulassens hingegen ist auf der Annahme gegründet, dass Stille bereits gänzlich zugegen ist. Zulassen geht mit stillem Gewahren und Lauschen einher – und dies ist die Innenschau! Es ist die Weise, wie wir es der Liebe und dem Licht der Quelle, der Liebe der Stille gestatten, ihre Formen der Fülle als unser und aller individuelles, irdisches Erfahren zu offenbaren.
Da wir das Wirken Gottes zulassen, lassen wir das Wirken Gottes für alle und für alles zu. Es ist eine große Freude uns in dieser Haltung und in dieser Funktion vorzufinden. Es ist wahre Freude. Unser Empfinden ist: Ja, ich bin nun zu Hause und befinde mich in meiner wahren Position und meiner wahren Funktion. Bin ich persönlich verantwortlich, wie sich diese Funktion gestaltet, Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute? Nein, ich lasse zu.
Ich reibe mir die Augen und erkenne, was wirklich ist: Einzig Stille ist, einzig Gott ist. Und Stille, Gott, ist all mein Sein und das Sein aller.
Die Liebe Gottes ist unermesslich größer, als alle scheinbar menschliche Liebe, die wir erfahren können. Das Fühlen der Freiheit, die uns aus der Quelle unseres Seins zuteil wird, ist unermesslich größer, als jede scheinbar menschliche Freiheit, die wir je erfahren können. Gewiss, wir müssen uns an wahre Liebe und wahre Freiheit gewöhnen.
Wir spüren, wie wir der wahren Größe unseres Seins immer mehr Raum geben, immer mehr Raum lassen können. Dies geschieht nicht durch die scheinbare Anstrengung eines persönlichen Selbst, sondern durch die Liebe und das Licht der Stille in, als und durch uns. Und je mehr wir Raum geben, je mehr wir Raum lassen, desto mehr erleben wir die Einfachheit dieser, unserer natürlichen Haltung.
Die „alten Schläuche“ bilden für die Liebe und das Licht der Stille keinen Durchlass. Mit den alten Schläuchen glaubten wir die Wahrheit selbst aufnehmen zu müssen, so als ob wir ein dichter Behälter seien. Nein, der neue Wein, das lebendige Wasser fließt als, in und durch uns. Wir sind ein Durchlass und kein Behälter. Und es ist das Fließen des lebendigen Wassers2, das Strömen des Lichtes und der Liebe der Quelle, welches uns die Erfahrung des Zulassens, des Nicht-Festhaltens, des Freigebens gibt. Unsere Haltung des Zulassens ermöglicht es Stille, der Quelle allen Seins, Augenblick für Augenblick, die bewusste, individueller Erfahrung ihrer selbst zu sein. Jedes Detail und jede Nuance unseres Erfahrens ist bereits die Quelle, ist Stille, unmittelbar genau diese Nuance und dieses Detail seiend. Durch die Haltung des Zulassens öffnet sich jeder Augenblick des Erfahrens und offenbart mühelos die Fülle unseres Seins.
1 Vgl. Lukas 5,37
2 Vgl. Johannes 4,14
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Das pfadlose Land der Wirklichkeit
Editiertes Transkript der Sonntagsgruppe vom 27.10.2019
Stille ist allgegenwärtig.
Wir befinden uns im Ozean der Stille.
Stille ist immer zugegen,
immer genau dort,
wo ein jeder und eine jede von uns ist,
in jedem Augenblick des Erfahrens.
Stille ist gänzlich und ununterbrochen für uns da.
Stille ist Gnade.
Gnade bedeutet das, was bereits zugegen ist
und was umsonst zugegen ist.
Gnade ist das, wofür wir nichts tun müssen.
Stille ist die Gnade unseres Seins.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
Wenn wir einen Vortrag oder ein Seminar besuchen, können wir häufig erleben, dass wir gefragt werden, wie lange wir schon auf „Weg“ sind. Und wir haben hierbei normalerweise die Vorstellung eines Weges, der von hier nach dort geht. Spirituelle Lehren können den Anschein erwecken, etwas erreichen zu können oder zu müssen. So gibt es in uns das Muster des Erreichen-Wollens, welches wir für lange Zeit gar nicht bemerken. Wir wollen Wahrheit auf dieselbe Weise erreichen, wie wir in der Schule ein bestimmtes Wissen erwerben wollten oder sollten, genauso wie wir gute Noten erreichen wollten, so wie wir den Vergleichen mit unseren Mitschülern standhalten wollten und so wie wir unsere Lehrer und Eltern zufriedenstellen wollten.
Mit dem spirituellen Weg verhält es sich jedoch ganz anders.Der spirituelle Weg ist kein Prozess. Im neuen Heft EinsSein1, welches wir nächste Woche bekommen, betont Paul dies ganz deutlich. Er sagt, dass nicht eine Seite des Miracle Self uns Anweisungen für einen Prozess gibt. Er sagt auch: „Es gibt keinen Weg.“ Jiddu Krishnamurti formulierte die gleiche Wahrheit mit seiner bekannten Aussage: „Wahrheit ist ein pfadloses Land.“
Ja, die Wahrheit ist ein Land. Die Wahrheit ist der Himmel. Die Wahrheit ist die allgegenwärtige Präsenz und Aktivität von Stille, der Quelle allen Seins. Stille ist allgegenwärtig. „Wo“, fragt Paul in dem Text, „könnte daher ein Weg sein“, wenn es einzig die eine, reine, vollständige Präsenz gibt, welche „allgegenwärtig an jedem Punkt der Unendlichkeit zur gleichen Zeit“ ist? Und wir sind die Allgegenwart der Stille uns seiend, was bedeutet, dass unser Erfahren jedes Augenblickes aus Stille ist und daher nichts anderes als Stille selbst ist. Doch die ungeprüfte Annahme, Stille erreichen zu müssen, verschafft uns den Eindruck, nicht aus Stille zu sein.
Viele von uns haben die Frage: Wie kann das Erleben der Präsenz, der Wirklichkeit des Seins, ununterbrochen mit uns sein?
Wenn wir mit großer Klarheit realisieren, dass Stille die Quelle unseres Seins ist, ist Stille in unserer bewussten Erfahrung niemals mehr abwesend. Wie gelangen wir nun zu einer deutlicheren, klareren Realisation von Stille als unserer Quelle?
In einem Seminar vor einigen Monaten war uns das Gleichnis eines Konzerthauses, welches wir besuchen, dienlich. Wenn wir von der Straße in das Konzerthaus kommen, begeben uns zunächst ins Foyer. Im Foyer ist schon eine feierliche, angenehme Atmosphäre zugegen. Alle tragen schöne Kleidung, alle sind in freudiger Erwartung. Wir lesen im Programmheft über die Stücke, die dort beschrieben sind. Die Atmosphäre im Foyer unterscheidet sich schon deutlich von der Atmosphäre auf der Straße: All die Turbulenzen, die es auf der Straße gibt, sind hier nicht. Das Konzert jedoch, findet nicht im Foyer, sondern im Konzertsaal statt.
Wir verlassen wir das Foyer und betreten den Konzertsaal. Dort lauschen wir still dem Konzert. Das Konzert selbst ist natürlich von ganz anderer Natur als seine Beschreibung und als alles, was wir im Foyer erlebt haben.
Was bedeutet dieses Gleichnis für unsere spirituelle Praxis, für die Praxis der Stille?
Zunächst befinden wir uns auf der Straße. Die „Straße“ steht für den ganz normalen Alltag, in dem wir uns vorfinden. In uns meldet sich der Wunsch, dem Trubel, dem Auf und Ab, dem Hin und Her entfliehen zu wollen, uns daraus erheben zu wollen, um einen natürlichen Zustand der Ausgeglichenheit, der Ruhe, der völligen Zufriedenheit zu finden. Wir folgen den Empfehlungen und Hinweisen, die wir erhalten. Wir hören oder lesen die Worte, die auf die Wirklichkeit verweisen. Wir fangen an zu kontemplieren oder zu meditieren und beginnen die Atmosphäre der Wirklichkeit zu spüren. Eine Atmosphäre des Friedens stellt sich ein. Sie scheint überall im Raum zu sein; sie umhüllt uns, berührt uns. Sie bringt uns wieder zum Schwingen und lässt uns wissen: Ja, so ist es richtig. So fühle ich mich wieder erneuert. So fühle ich mich wieder ganz an. Wenn wir diesen Zustand des Fühlens der Atmosphäre (das Foyer) verlassen, wenn wir uns erheben und wieder in den Alltag (auf die Straße) gehen, scheint dieser Zustand nicht zu anzudauern. Wir erleben scheinbar die gleichen Turbulenzen wie vorher.
Die Atmosphäre der Präsenz der Wirklichkeit dient dazu, uns vorzubereiten. Sie dient dazu, uns mit ihrer Liebe und Wärme zu durchfluten, unseren Geist und unserem Körper zu klären und sie durchlässig zu machen. Und doch ist es bereits Wahrheit, deren Wirken wir fühlen und die wir in uns wirken lassen. Sie möchte jedoch weiter und weiter wirken.
Was möchte die Wahrheit bewirken? Sie bewirkt die Erkenntnis unserer wahren Natur. Sie bewirkt die Erkenntnis, dass wir vollkommen „leer“, dass wir gänzlich ein Nichts an persönlichem Selbst sind. Hier müssen wir sehr vorsichtig sein: Was bedeutet es, wahrhaft leer zu sein, wahrhaft ein Nichts zu sein? Der englische Begriff für „nichts“ ist „nothing“, „no thing“. Es bedeutet, dass unsere wahre Natur kein Ding, kein Etwas ist. Sie ist nicht dinghaft. Und es ist die Erkenntnis unserer Nicht-Dinghaftigkeit, die uns Eintritt in den Konzertsaal gewährt.
Im Konzertsaal, in der wahren Stille unseres Seins, erleben wir die Welt, wie sie ist: nicht dinghaft (no thing). Im Foyer wurde das Konzert, das uns erwartet, beschrieben. Sobald wir jedoch den Konzertsaal betreten, sobald wir die wahre Stille unseres Seins „betreten“, entschwindet alle Beschreibung. Es wird offenbar, dass Stille, dass das Nichts an persönlichem Selbst, unser wahres Sein ausmacht. Gott hat seine Erde, seine Erfahrung, „über dem Nichts“ aufgehängt2, in Stille, in wahre Stille. Aus Stille ist all unser Erfahren. So wir dies erkennen, erleben wir die Wahrheit der Aussage: „Ich und der Vater sind eins“, „doch der Vater ist größer als ich.“3 Stille ist stets „eins“ mit allem Erfahren jedoch auch „größer“ als alles Erfahren, denn Stille ist die Quelle allen Erfahrens.
Wir müssen uns daran gewöhnen, an dem Ort des Nicht-Seins zu verweilen. Paul sagte häufig: „God abhors a vacuum“ – Gott verabscheut ein Vakuum. In dem Augenblick, da wir erkennen, dass wir ein Nichts an persönlichem Selbst sind, beginnen wir die Fülle unseres wahren Selbst zu erleben. Wir erleben die Fülle von Stille, uns seiend. Und das Erleben der Fülle von Stille, uns seiend, formt sich Augenblick für Augenblick in die Erfahrung eines erfüllten, irdischen Lebens. Kommen wir zu unserer Feststellung zurück, dass der spirituelle Weg kein Prozess ist. Wir sind bereits Stille, uns seiend. Wir sind bereits kein persönliches Selbst. Wenn wir die Beschreibungen im „Foyer“ sehr deutlich lesen, begegnen wir einer Wahrheit überall: Einzig Gott ist. Einzig Stille ist. Daher gibt es keinen Platz für ein weiteres, ein persönliches Sein.
Was tun wir also, da wir den Konzertsaal betreten? Wir lauschen dem Konzert. Wir lassen das Konzert einfach zu. Und natürlich ist der Konzertsaal das einzige, was ist. Die Fülle unseres wahren Selbst ist immer und überall zugegen und spielt das herrliche Konzert ihrer Harmonien. Und es ist kein persönliches Selbst zugegen, welches das Konzert anhalten könnte. Das Konzert klingt und klingt, ohne jemals aufzuhören. Und wir sind der Gast, der Besucher des Konzertes – und lauschen. Dies ist die Praxis der Stille. Dies ist die Praxis der Gegenwart Gottes. Es ist das Lauschen, das Gewahren dessen, was bereits ist und das Bezeugen der Harmonien, der Feinheiten, der Nuancen, der Details, des Überfließens, des ständigen Sich-Erneuerns, des ständigen Aus-sich-selbst-Schöpfens der Wirklichkeit, die bereits ist.
Das Erleben des „Konzertes“ der Wirklichkeit mag immer wieder einer Vorbereitung oder Einstimmung bedürfen. Zunächst klopfen wir uns den Staub von der Straßenkleidung, begeben uns ins Foyer und spüren die Atmosphäre der Wirklichkeit. Im Spüren der Atmosphäre der Wirklichkeit erleben wir immer deutlicher, dass wir ein Nichts an persönlichem Selbst sind, ein reiner Durchlass – das „Fenster des Himmels“. Dann befinden wir uns im Konzertsaal und erleben die Wirklichkeit unseres Seins – Stille uns, alle und alles seiend, sich entfaltend als jeder Augenblick des Erfahrens.
Stille bedeutet nicht die Abwesenheit von Gedanken, Geräuschen, oder Empfindungen. Stille ist die Abwesenheit der Vorstellung, ein getrenntes Selbst zu sein und daher die bewusst erfahrene Anwesenheit der Wirklichkeit, wie sie ist.
Stille, uns und unser Erfahren seiend, ist tatsächlich unser natürlicher Zustand – unser natürliches Sein, das bereits gegeben ist und daher weder erreicht werden kann, noch erreicht werden muss. Wir lernen jedoch unserer wahren Natur zu lauschen, sie zu gewahren, sie zu ehren und zu lieben.
Was war jener Impuls, der sich auf der Straße in uns bemerkbar gemacht hat? Was war jener Wunsch, Stille zu finden? Was war die Sehnsucht, die Wahrheit unseres Seins zu erkennen?
Es war der Ruf der Stille, der Ruf der Wirklichkeit. Es war und ist die Wirklichkeit in und als uns. Und wir folgen diesem Ruf. Wir begeben uns ins Foyer, füllen unseren Geist mit den Worten der Wirklichkeit. Unser Geist klärt sich und wir betreten den Konzertsaal.
Hier lauschen wir nur. Wir gewöhnen uns an die Einfachheit des Gewahrens, des Lauschens. Unser ganzes Wesen lernt die Haltung des Zulassens, des Lauschens, des Gewahrens und des Empfangens – des Empfangens des Lichtes und der Liebe der Stille, des Lichtes und der Liebe der Quelle. Und wir erkennen immer klarer: Es ist die Quelle, reine Stille, aus der mein Erfahren ist und die mein Erfahren ist.
Wenn wir uns dann wieder auf die Straße begeben, ist es dieselbe Straße, derselbe Alltag, jedoch ist eine Verwandlung geschehen: Wir wissen um unsere wahre Natur. Das Verstehen dessen, was wir sind und was unsere Welt ist, ist nun in uns und mit uns. Alles, alles des Erfahrens ist aus der Quelle, ist aus Stille. Und da ich frei von der Vorstellung, frei von der Illusion bin, ein getrenntes Selbst zu sein, ist Stille mein Erfahren. Und das Licht und die Liebe der Stille führen mich. Sie zeigen den Weg. Sie zeigen keinen Weg, wie Stille erreicht werden kann, denn Stille ist bereits mein Sein.
Der Weg der Stille ist das Gewahren dessen, was bereits ist. Es ist der pfadlose Weg im pfadlosen Land der Wirklichkeit. Es ist der Weg des ewigen Augenblicks, sich stets neu und frisch als dieser und dieser und dieser Moment des Erfahrens offenbarend.
1HeftEinsSein, Ausgabe 6/2019, ab Seite 12: Paul F. Gorman: Die Kunst des Seins
2vgl.Hiob 26,7
3Johannes10,30 und 14,28
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Das Herz der Stille
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 3.11.2019 im Zyklus „Das Herz der Stille“
Lasst uns die Haltung des völligen Entspannt-Seins einnehmen:
Wir können entspannt sein,
weil Stille bereits ist,
weil die eine Wahrheit bereits ist.
Auf diese Weise entspannt zu sein,
bedeutet nicht in den Traum des menschlichen Geistes einzuschlafen.
Die Liebe zur Wahrheit macht unser Wachsein aus.
Sie ist das Wache in uns,
während wir völlig entspannt sind.
Wahrheit kann nicht erreicht werden.
Wir können Wahrheit nur gewahren.
Wir gewahren Wahrheit mit dem Licht der Wahrheit,
denn Wahrheit ist Licht.
Wir gewahren Wahrheit mit der Liebe zur Wahrheit,
denn Wahrheit ist Liebe.
Und stets ist es Wahrheit selbst,
ist es Liebe selbst,
welche sich liebt.
(Einige Minuten des stillen Gewahrens)
Das Herz der Stille ist das Herz der Wahrheit. Es ist das Herz der einen Wahrheit, das Herz des Freiseins. Und was ist das Herz der Wahrheit, das Herz des Freiseins? Es ist das Wissen, dass wir bereits frei sind! Nichts an uns ist in irgendeiner Weise gebunden. Alles bewegt sich in Freiheit. Alles ist das Licht und die Liebe der Stille,sich selbst als ein jeder Augenblick des Erfahrens offenbarend. Und es ist das Licht und die Liebe der Stille, die uns befreien. Die uns befreien? Wir sind doch frei! Wir befinden uns im Himmel, der Unendlichkeit und Unbegrenztheit des Seins und sind hier frei. Doch das Licht und die Liebe der Stille befreien uns von der kollektiven Vorstellung, dass unser Erfahren etwas anderes als Stille, als die Quelle, ist oder sein könnte, in ununterbrochener Offenbarung ihrer selbst als alles unseres Erfahrens. Stille offenbart ihre Wirklichkeit als unsere Wirklichkeit. Das Licht und die Liebe der Stille lässt den Glauben an ein Leben abseits des einen Lebens verschwinden.
Wir können sagen, dass jeder Augenblick des Erfahrens – jeder Augenblick von Stille, uns seiend – eine Absicht hat. Die Absicht der Stille ist es, ständig mehr ihrer selbst, als individuelles Erfahren zu offenbaren. Dies ist, was tatsächlich –ungeachtet der Interpretationen des menschlichen Geistes –geschieht. Augenblick für Augenblick möchte Stille, die Quelle unseres Seins, mehr von sich selbst offenbaren. Das Licht und die Liebe der Stille gibt uns die nötige Einsicht, das nötige Verstehen, wie dies für uns – in unserer konkreten Erfahrung –geschehen kann.
Alles unseres Erfahrens ist die eine Wirklichkeit. Wir befinden uns im Himmel, in Unendlichkeit, in Freiheit und da einzig Himmel ist, da einzig Stille ist, ist das Einzige, dessen wir gewahr sind und uns gewahr sein können, der Himmel. Der Himmel, die Wirklichkeit dieses und jedes Augenblicks, ist unser irdisches Erfahren – bewusst erfahren als in, durch und aus Stille seiend.Hiermit meinen wie niemals einen späteren Augenblick. Wir meinen stets diesen, und diesen,und diesen Augenblick des Erfahrens.
Der menschliche Geist jedoch erlebt lediglich die „Oberfläche“ des Seins. Was bedeutet das? Der menschliche Geist erfährt seine Welt so, als ob Stille, Unendlichkeit, Unbegrenztheit, Freiheit, nicht anwesend wäre. Der konditionierte, menschliche Geist ist ein Mechanismus, der – wenn wir ihn nicht verstehen – uns glauben lässt, selbst innerhalb dieses Mechanismus zu sein, selbst ein Wesen der „Oberfläche“ zu sein – ohne bewusstes Gewahrsein davon, dass Stille, die Quelle, allgegenwärtig ist und dass einzig Stille alles unseres Erfahrens ausmacht.
Merken wir, wessen es bedarf, um wahre Stille wahrzunehmen, um das wahrzunehmen, was all unserem Erfahren zugrunde liegt, jedoch vom menschlichen Geist nicht registriert wird, obwohl es gänzlich zugegen ist, obwohl es alles ist, was zugegen ist, obwohl es das Einzige ist, was zugegen ist? Es bedarf einer großen Wachheit, die Wirklichkeit unseres Seins zu bemerken. Es bedarf des Wunsches, unserer Quelle gewahr zu sein. Und dieser Wunsch entspringt der Quelle selbst und niemals dem menschlichen Geist.
Die Quelle, wahre Stille, meldet sich in uns als die Liebe zur Wahrheit. Und die Liebe zur Wahrheit zeigt sich als unsere Wachheit. Und mit und als die Liebe zur Wahrheit geschieht unser waches Lauschen, unser waches Gewahren der Wahrheit,unser waches Zulassen der Wahrheit. Das Lauschen, das Gewahren und das Zulassen der Wahrheit ist nichts anderes als die Bewegung der Wahrheit in uns.
Was bedeutet in uns? Das Innen ist die Aktivität der Quelle, die Bewegung der Stille, aus der unser Erfahren ist und daher die einzige Wirklichkeit unseres Erfahrens ist. Wir dürfen uns die Quelle nicht als etwas Entferntes vorstellen. Die Quelle, Stille, Gott, ist nichts anderes, als die Substanz oder Essenz des Erfahrens. Das Reich Gottes „ist näher als der Atem“. Es ist das, woraus alles Erfahren besteht.
Wie nah ist die Quelle, die Substanz, dem, was wir erfahren? Wie nah ist das Gold einem goldenen Armband oder einem Goldring? Gold ist die Substanz des Schmuckstücks. Und da Gold die Substanz ist, ist alles des Schmuckstücks tatsächlich Gold. In gleicher Weise ist Stille die Substanz all unseres Erfahrens, das Erfahren selbst und das, was wir Erfahren. Die Wirklichkeit eines jeden Augenblicks ist das, woraus wir erfahren, womit wir erfahren und was wir erfahren. Dies ist das unmittelbare Verstehen der einen Wahrheit, das Verstehen des Herzens der Wahrheit, des Herzens der Stille.
Könnte jemand von uns davon berichten, dass es außer dem, was unmittelbar ist, noch etwas anderes gibt? Könnte einer von uns berichten, dass außer dem, was unmittelbar ist, noch ein davon getrenntes Sein oder ein separates Selbst existiert? Wo sollte es sich befinden? Wie könnte etwas aus der Gesamtheit der Existenz austreten? Können wir aus der Gesamtheit des Seins austreten? Nein, niemals sind wir aus dem einen Sein ausgetreten.
Können wir jedoch den Glauben an eine separate Existenz als unsere Wirklichkeit erachten? Ja.
Haben wir, sobald wir den Glauben an eine separate Existenz als unsere Wirklichkeit erachten, das Empfinden ein separates Wesen zu sein? Ja.
Werden wir dadurch, dass wir den Glauben an Trennung annehmen, tatsächlich ein separates Wesen? Nein.
Wie können wir nun den Glauben, dass irgendetwas in Trennung von der Gesamtheit des Seins existiert – oder auch nur existieren könnte –in unserer Augenblick-für-Augenblick-Erfahrung verschwinden sehen?
Nun,wir müssen nur der Wirklichkeit des Seins gewahren, der Wirklichkeit, wie sie ist. Und dies muss, per Definition, unser einziger Wunsch sein. Denn „unser“ Wunsch, der Wahrheit zu gewahren und bewusst in und als Wahrheit zu leben, ist nichts anderes, als der Wunsch der Quelle, sich selbst zu offenbaren.Und es ist der einzige Wunsch der Quelle. Wir können sagen,die Quelle ist der Wunsch, sich zu offenbaren. Und daher tut sie es.
Lasst uns eine einfache Aussage über uns selbst nehmen, um den Unterschied von bewusstem Gewahren der Stille, der Quelle, und dem Verfangensein in dem Glauben an eine separate Existenz, an ein eigenes, persönliches Erfahrender Welt, aufzudecken. Nehmen wir die einfache Feststellung „Ich sitze auf einem Stuhl“. Was ist „ich“ in dieser Aussage? Der konditionierte menschliche Geist behauptet, „ich“– ein bestimmter Mensch mit einem bestimmten, persönlichen Körper – „sitze auf dem Stuhl“. Und „ich“ bin natürlich „ich“,dieser separate, bestimmte Mensch mit seinem Körper. Der menschliche Geist behauptet: „Ich bin von den Gegenständen und den anderen Menschen im Raum getrennt. Ich bin hier auf dem Stuhl und alles andere ist dort im Raum.“ Im Glauben, ein separates, persönliche Wesen zu sein, erleben wir nicht bewusst, was tatsächlich ist.
Ich ist Stille. Ich, das tatsächliche Ich des Auf-dem-Stuhl-Sitzens ist die Quelle, ist die Substanz des Erfahrens, auf einem Stuhl zu sitzen. Die Version des menschlichen Verstandes fußt auf der Annahme von „ich“ als einem separaten Wesen, welches auf dem Stuhl sitzt. Und dieser Stuhl ist – gemäß dem Verstand – natürlich der persönliche, eigene Stuhl dieses Wesen. Der Stuhl befindet sich natürlich in der eigenen Wohnung oder dem eigenem Haus dieses Wesens. Die Wirklichkeit jedoch ist Ich, Stille, die Quelle, die Substanz des Erfahrens. Welchen Erfahrens? Des einfachen Erfahrens des Auf-dem-Stuhl-Sitzens! Stille, Ich,und ihr individuelles Erfahren ihrer selbst (auf dem Stuhl zu sitzen)sind eins. Dies ist das eine Sein. Dies ist, was alle Mystiker erkannt haben. Stille ist nichts weiter als das eine Sein, das Einssein von allem, was ist.
Spüren wir alle die vollkommene Einfachheit der Wirklichkeit, wie sie gerade ist? Das Sitzen auf dem Stuhl ist die Wirklichkeit. Es ist die Unendlichkeit unseres Seins, welche als das Erfahren des Sitzens auf dem Stuhl sichtbar wird und sich offenbart.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel: „Ich höre zu.“ Was wieder um ist hierbei „ich“? Können wir, kann „ich“ ein von der Gesamtheit des Seins getrenntes Wesen sein, welches aus sich selbst heraus die Fähigkeit zu hören hat? Oder ist „ich“ in Wirklichkeit das eine Ich, Stille, die Quelle, die Substanz des Erfahrens zu hören? Wie fein muss doch unsere Kontemplation sein, wie fein unser Betrachten der Wirklichkeit! Und es ist dieses feine Gewahren– ein Gewahren, das mit dem tiefen Wunsch einhergeht, nichts als Wirklichkeit erfahren zu wollen – welches den Schleier des Glaubens von Getrenntheit entschwinden lässt.
Merken wir, dass es aller Energie bedarf, allen Gesammeltseins, um unterscheiden zu können, was tatsächliches Erfahren ist versus eines Erfahrens, das auf einer falschen Grundannahme beruht? Haben wir diese Energie? Natürlich! Was wir als unsere Energie bezeichnen, ist nichts anderes als lebendige Stille, Spirit, Licht, Liebe, der wahre Antrieb in uns – das, was uns antreibt, die Wahrheit zu erkennen, das, was uns antreibt,unsere Fülle zu finden. Was ist das Erleben der Fülle? Das Erleben der Fülle ist das Erleben von genau dem, was gerade ist – gewahrend, dass es aus Stille ist.
Stille ist übervoll ihrer selbst. Stille ist übervoll mit Licht und Liebe. Stille ist immer größer als das momentane Erfahren ihrer selbst. Stille bringt jeden Augenblick hervor. Stille ist die Lebendigkeit, die reine Lebendigkeit jeden Augenblicks. Stille kann nicht fixiert werden, kann nicht angehalten werden. Stille – nicht eine abstrakte Stille, sondern Stille, genau dieser und jeder Augenblick seiend – kann nicht eingefangen werden. Wir können Stille nicht für uns persönlich haben oder besitzen. Denn Stille ist bereits, was wir sind. Stille ist das Geschehen, welches geschieht. Und Stille ist Fülle. Stille ist Vollständigkeit. Stille ist Unversehrtheit. In Stille ist kein Konflikt und keine Reibung, da Stille das Einzige ist, was ist. Stille ist das Ich des Erfahrens,Stille ist die Substanz des Erfahrens und daher alles Erfahren selbst.
Das bewusste Gewahren der Stille, bedarf der Praxis.Da wir die Worte der Wahrheit vernehmen und dem Fühlen der Wahrheit immer mehr Raum gewähren, können wir immer konstanter die Präsenz und die Aktivität der Stille bezeugen, wo auch immer wir uns vorfinden. Überall ist es Ich;überall ist es die Quelle, Stille, welche die Wirklichkeit unseres Erfahrens ist. Stille ist die Wirklichkeit unseres Aufstehens und all unserer dann folgenden Tätigkeiten. Stille ist die Wirklichkeit unseres Hörens und unseres Sprechens – und Stille ist die Wirklichkeit des einfachen Sitzens auf einem Stuhl. Stets ist es Stille, die Quelle, uns alle und alles seiend.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
Vertraue, dass du die Wahrheit kennst.
Du kennst die Wahrheit in diesem Augenblick,
weil du aus Wahrheit bist,
weil du Wahrheit selbst bist.
Und da du Wahrheit selbst bist,
kannst du unterscheiden,
was du bist und was du nicht bist.
Lerne in dem, was du bist, zu ruhen.
Lerne in Stille, du seiend, zu ruhen.
Du bist Stille und ihr individueller, einzigartiger Ausdruck.
Du bist Einssein.
Lebe und bewege dich in diesem Gewahrsein.
Empfange das Licht und die Liebe der Stille in jedem Augenblick.
Lass das Licht und die Liebe der Stille fließen.
Sei ein Durchlass für das Wirken der Stille.
Da du dich langsam an dein natürliches Sein gewöhnst,
erlebst du, dass sich alles deines Erfahrens
gemäß der Harmonie und der Vollkommenheit der Quelle
zu gestalten beginnt –
ohne Eile,
jedoch stetig,
Augenblick für Augenblick.
~
Jenseits des Mentals
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 17.11.2019 im Zyklus „Das Herz der Stille“
Lasst uns des Wunders gewahr sein –
des Wunders der Unendlichkeit und Unbegrenztheit allen Seins,
der Stille, der Quelle alles Erfahrens, der unermesslichen Weite –
und doch hier und jetzt
genau an diesem Platz, genau zu diesem Augenblick,
keine Sekunde und keinen Millimeter entfernt
von deinem und meinem Sein.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
Wenn wie hören, dass wir genau zu dem Zeitpunkt und genau an dem Ort, an dem wir uns gerade befinden, die unendliche und grenzenlose Wirklichkeit alles Seins sind, dann mögen diese Worte das Empfinden eines Wiedererkennens hervorrufen. Das Herz der Wirklichkeit, das Herz der Stille, versteht diese Botschaft:
Wir sind das eine Sein, wir sind Unendlichkeit –uns seiend.
Dies ist die Wahrheit, die uns befreit. Es ist das eine Leben, welches dies spricht und es ist das eine Leben, welches hört. Wahrheit – Wirklichkeit, wie sie ist – befreit uns von allen einschränkenden Ideen über das Leben. Sie befreit uns von Ideen, die nicht aus der direkten Erfahrungen des Lebens stammen. Wenn wir das Herz der Wirklichkeit mit dem Herz der Wirklichkeit vernehmen,verstehen wir immer klarer den Unterschied zwischen allen metaphysischen, mentalen, psychologischen oder esoterischen Wegen der Selbsterkenntnis und dem schmalen, pfadlosen Weg des direkten Erfahrens.
Der pfadlose Weg macht uns keine Vorschläge, wie wir uns verbessern oder entwickeln können. Er verweist auf die Wirklichkeit unseres Seins, hier und jetzt. Er verweist auf die Selbstlosigkeit unseres Seins. Jeder Augenblick unseres Erfahrens ist selbstlos. Die unzähligen Ideen darüber, wie wir uns und unser persönliches Leben verbessern und uns persönlich entwickeln können beziehen sich auf ein Selbst, von dem angenommen wird, dass es noch nicht das eine, wahre, selbstlose, freie Selbst ist und es daher noch werden muss. Der pfadlose Weg, der schmale Weg jedoch sagt:
Sei still und wisse, erkenne, was direkt hier ist. Erkenne den „Ort“, den du nie verlassen hast, den „Ort“, den du nie verlassen konntest. Erkenne das eine Sein, das eine Leben, die eine Existenz und erkenne, dass sie du ist, dass sie alles an dir und von dir ist und dass sie alles an und von deiner Welt ist.
Dies ist die Botschaft des Lebens selbst, des Lebens, so wie es ist, frei von Vorstellungen über das Leben. Der Einfluss des gesellschaftlichen Lebens, welches sich in Konzepten über das Leben verfangen hat, ist sehr stark. Die Worte des schmalen Weges „reinigen“ uns von all jenen Vorstellungen und helfen uns die Wirklichkeit eines jeden Augenblicks des Erfahrens zu erkennen.
Das Herz der Wahrheit hat keine mentale Repräsentation. Können wir dies verstehen? Leben, wie es ist, ist zu direkt, zu unmittelbar, um vom Verstand interpretiert zu werden. Jedes mentale Verstehen kommt mit einer „Verspätung“ daher. Leben, wie es ist, ist vor dem mentalen Verstehen und ist dennoch alles, was tatsächlich ist. Vollkommenheit, Unversehrtheit, Perfektion, wahre Gesundheit, wahre Fülle, wahre Versorgung finden vor dem Mental statt. Es ist Stille. Es ist Liebe. Es ist Licht. Es ist die Bewegung, welche die Absicht des einen Lebens ist. Es ist die Bewegung des ununterbrochenen Sich-Offenbarens, nicht des persönlichen Werdens, sondern des sich Offenbarens – des ununterbrochenen Offenbarens von mehr des einen Lebens als bewusstes individuelles Erfahren seiner selbst, namens du und ich.
Die unzähligen Lehren und Anschauungen der Welt sind zumeist Konzepte über das Leben. Nur wenige Botschaften verweisen auf Leben selbst, auf unseren natürlichen Zustand, auf unsere Vollkommenheit, unsere Unversehrtheit, ja unsere Schönheit und unsere Brillanz – hier und jetzt. Einzig Leben selbst ist das Vollkommene, das Unversehrte, das Schöne, das Brillante. Alle Ideen über das Leben haben ihren Ursprung in der Idee eines weiteren Lebens, eines persönlichen,eigenen Lebens. Und so kreisen diese Ideen um den Versuch die Ganzheit und die Fülle des Lebens zu erreichen. Sei still und schaue erneut: Alle Konzepte der Welt sind Konzepte über das Leben. Das, was wir tatsächlich sind, ist Leben selbst, ist Vollkommenheit, ist Grenzenlosigkeit, ist Unendlichkeit, unser Erfahren seiend.
Leben selbst spricht:
Du,alle und alles bin Ich selbst. Nirgendwo ist etwas anderes. Nirgendwo ist etwas von Mir Verschiedenes oder Getrenntes. Ich bin du; Ich bin dein Sein und alles was Ich habe und bin, ist dein, in jedem Augenblick. Lass dich nicht ablenken von den Ideen, die die Welt über Mich hegt. Bleibe im Lebendigen; bleibe in der Unmittelbarkeit des direkten Erfahrens!Bleibe im Empfinden, im Fühlen, im Gewahren, im Lauschen des Lebendigen, des Unmittelbaren, und lebe aus Mir! Lebe aus Leben selbst! Lebe aus dem unmittelbaren Empfinden von Leben! Lass kein Konzept über dich zu, welches nicht direkt aus Mir ist, aus der Unendlichkeit deines Seins. Lausche der Unendlichkeit deines Seins, welches Mein Sein ist.
Die Fähigkeit der Wirklichkeit unseres Seins zu lauschen, ihr zu gewahren, sie zu fühlen, ist uns gegeben und steht uns daher ununterbrochen zur Verfügung. Es ist das Lebendige selbst in uns. Kein separates Selbst vermag Leben selbst zu lauschen, zu gewahren und zu fühlen. Ein solches Selbst gibt es nur als Vorstellung. Nur Leben selbst vermag sich selbst zu lauschen, sich selbst zu gewahren und sich selbst zu fühlen. Leben selbst lauscht, gewahrt und liebt sich selbst als und durch die Selbstlosigkeit seines individuellen Seins. Das Erfahren der Selbstlosigkeit unseres Seins ist einzig in Freiheit möglich – in Freiheit von allen Vorstellungen und Annahmen über Leben.
Wo immer wir sind, wann immer wir sind – es ist dasselbe eine Leben, welches unser Erfahren ist. Überall ist die Vollkommenheit,die Unversehrtheit, die Unendlichkeit, die Unbegrenztheit des einen und einzigen Lebens zugegen. Wenn wir aufstehen und uns an einen anderen „Ort“ begeben – was finden wir dort vor? Wiederum genau dasselbe eine Leben, welches bereits und einzig hier ist!
Jedes„Hier“ ist der Ort der Unendlichkeit, der Ort und der Augenblick von Stille, sich selbst seiend als alles ihres individuelle Erfahren ihrer selbst. Die Konzepte der Welt wollen uns glaubend machen, dass wir dort, an dem Ort, zu dem wir uns begeben, vielleicht Erfüllung finden. Die ganze und die einzige Fülle ist jedoch genau hier, und dieses Hier ist das gleiche Hier, wo auch immer wir uns befinden.
Können wir in diesem Wissen durch unseren Alltag gehen? Können wir in dem lebendigen Erkennen verweilen, dass wir nichts werden müssen und nichts werden können, sondern es Leben selbst ist, welches sich ununterbrochen als unser Erfahrens offenbart, als unser Körper, unser Geist, als alles unser Welt? Welch ein Wechsel der Perspektive! Wir gewahren Leben selbst als unserem Sein!Wir gewahren Lebendigkeit selbst! Wir sind Leben, wir sind Lebendigkeit selbst und nichts anderes. Kennen wir nicht die Worte,„Ich bin das Leben; Ich bin die Wahrheit [Ich bin das Herz der Wahrheit]; Ich bin der Weg“? Das direkte, unmittelbare Erfahren von Unendlichkeit, Stille, uns seiend, ist der Weg, der Weg des Ich bin, der pfadlose Weg, der selbstlose Weg, das wahrhafte individuelle Sein, einzigartig in jedem Augenblick seiner selbst, doch niemals getrennt. Das ist, was jeder Augenblick ist: Die unendliche Ganzheit des Seins in einzigartiger Erfahrung ihrer selbst. Die Konzepte über das Leben wollen mit ihren Behauptungen unsere Erfahrungen bestimmen. Sie sagen: Du bist gesund oder krank; du bist Mann oder Frau; du bist jung oder alt, du bist erfolgreich oder erfolglos, du bist spirituell oder weltlich, du bist Geist oder Materie und so weiter. Ist dies Leben selbst ? Ist Leben selbst gesund oder krank, Mann oder Frau, jung oder alt, Geist oder Materie, erleuchtet oder unerleuchtet? Nein. In Leben selbst existieren keine Gegensätze.
Gibt es in Leben selbst so etwas wie Geburt und Tod? Nein, natürlich nicht. Geburt und Tod sind nicht Leben selbst. Es sind Konzepte über Leben. Das Leben, welches ein jeder von uns in diesem und in jedem Augenblick ist, ist nicht geboren und kann nicht enden. Und von diesem Leben, dem tatsächlichen Leben,spricht der schmale Weg.
Wie fühlt sich die Botschaft des schmalen Weges an – jetzt, genau hier, wo wir sind? Findet unser Geist, findet unser Körper, nicht seine wahre Position? Spürt der Körper nicht das wahre Leben als sein Leben? Erhebt sich unser Geist nicht in die Erfahrung seiner Freiheit? Spüren wir nicht den Frieden? Spüren wir nicht die unendliche Geborgenheit unseres wahren Zuhauses? Spüren wir nicht eine ganz neue Vitalität, ein neues Leben, das wahre Leben? Ja, unsere Sinne bedürfen einiger Zeit, um sich an die Unmittelbarkeit des direkten Erfahrens zu gewöhnen. Wir schauen nicht mehr durch den Schleier des Glaubens an ein geteiltes Leben. Unsere Aufmerksamkeit muss nicht mehr von einem Objekt zum anderen Objekt springen, um dort Fülle zu finden. Unser Gewahrsein ruht in sich selbst, ruht in dem einen, ungeteilten und unteilbaren Leben und gewahrt der Lebendigkeit des einen Lebens. Wir sind und leben das eine ungeteilte und unteilbare Leben und kein, weiteres, vorgestelltes Leben.
Wir sind das Einssein von Stille, der Quelle, und ihrer unmittelbaren Manifestation. In diesem Erkennen finden wir wahres Vertrauen. Dies ist der wahre, der heilige Boden, auf dem wir stehen1.Dies ist der Boden, der uns nährt. Dies ist der Boden unserer Inspiration und unserer Liebe. Und dies ist keine Idee, kein bloßes Konzept. Es ist, was tatsächlich ist. Und nun entdecken wir mehr und mehr dessen, was Leben selbst als, in und durch jeden Augenblick seines individuellen Erfahrens ist und hat.
Es ist so einfach. Es beginnt mit der kleinen Berührung der Wirklichkeit, dem innigen Wiedererkennen unseres unbeeinträchtigten Seins. Wir geben jener Berührung, jenem Wiedererkennen Raum. Wir geben nicht den Konzepten der Welt über das Leben und über uns Raum, sondern dem Lebendigen selbst, der lebendigen Wirklichkeit selbst. Und sie verrichtet die „Arbeit“ des Offenbarens ihrer selbst als individuelles Seins. Die Konzepte der Welt sprechen über ein getrenntes Selbst und die Arbeit, die es verrichten muss,um seine persönliche Vollkommenheit und Vollständigkeit zu erleben.
Unsere einzige „Aufgabe“ ist es die Wirklichkeit unseres Seins nicht mittels Konzepten, nicht mittels Ideen über die Wirklichkeit zu suchen, sondern ihrer mit der unmittelbaren Lebendigkeit, die sie bereits als alles unseres Seins ist, zu gewahren. Wir gewahren Wirklichkeit nicht als etwas Gegenständliches und erkennen, dass wir Gewahren selbst sind, dass wir Bewusstsein selbst sind. Reines Gewahren, reines Bewusstsein, ist die lebendige Bewegung des Offenbarens von Stille, der Quelle allen Seins, als individuelles Erfahren seiner selbst. Dies ist, was Leben ist. Dies ist, was wir sind.
Lasst uns vertrauen,
dass selbst der kleine Funke des wahren Verstehens ausreicht.
Lasst uns diesen kleinen Funken ehren und lieben.
Er ist Leben selbst.
Er ist die Ganzheit des einen Lebens,
sich selbst offenbarend und erfüllend,
als mein Sein, als dein Sein,
als das Sein aller, als das Sein von allem.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
1Vgl.2.Mose 3,5
~
Im Ozean der Stille
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 08.12.2019 im Zyklus „Das Herz der Stille“
So bald wir das Herz der Stille berühren, spüren wir, dass es außer dieser lebendigen Berührung und ihrer Bewegung nichts gibt. „Das Auge, in dem ich Gott sehe, das ist dasselbe Auge, darin mich Gott sieht; mein Auge und Gottes Auge, das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Lieben.“1Indemwir die Berührung der Wahrheit, indem wir das Fühlen der Wahrheit zulassen, füllt das Licht der Wahrheit unser Gewahrsein. Wir sind es nur noch nicht gewohnt, in der Haltung des Zulassens zu verweilen. Zu sehr sind wir es gewohnt, aus der Haltung etwas „aus uns selbst heraus“ tun zu können, zu leben – so, als ob wir in der Unendlichkeit des Seins ein eigenes Zentrum bilden würden. Dies ist jedoch nur ein Glaube. Die Unendlichkeit und Grenzenlosigkeit des Seins ist unsere Wirklichkeit und sie bildet in sich selbst kein separates Zentrum.
Dies erkennend hören wir die Worte aus dem Herz der Stille:
Wir sind bereits frei.
Wir sind bereits Unendlichkeit und Unbegrenztheit selbst.
Wir sind bereits der Frieden, der alles Verstehen übersteigt.
Wir sind die Präsenz des Lichtes und der Liebe.
Was bleibt uns also noch zu tun, als das, was wir bereits sind, zuzulassen – es wirklich zuzulassen? Lasst uns einige Minuten im Zulassen der Wahrheit, dass wir bereits im Ozean der Stille sind, ruhen. Lassen wir das Licht und die Liebe der Stille unser Gewahrsein füllen.
(Einige Minuten stilles Gewahren)
Lasst uns uns einen Fisch vorstellen, einen Fisch in einem Ozean. Unser Fisch hat vergessen, dass er im Ozean ist. Er weiß nicht einmal genau, was er vergessen hat. Erfühlt sich nur nicht vollständig. Er weiß, dass irgend etwas fehlt. Und so begibt er sich auf die Suche nach dem, was fehlt, um sich wieder vollständig zu fühlen und seine Ganzheit zu erfahren.
Nach einiger Zeit trifft er auf einen anderen Fisch, der ihm sagt: „Der Ozean ist deine Ganzheit und deine Erfüllung. Was dir fehlt ist die lebendige Erkenntnis, dass du bereits im Ozean bist. Solange du den Ozean suchst, kannst du ihn nicht erkennen.“ Unser Fisch kann dies nicht ganz verstehen. Er ist mit dem Hinweis, dass der Platz, an dem er sich bereits befindet, ein Ozean sein soll, der ihm seine Erfüllung bietet, nicht zufrieden und sucht daher weiter. Der Fisch, der ihm das gesagt, hat schwimmt hin und wieder wieder vorbei und wiederholt: „Du bist bereits im Ozean und der Ozean ist deine Erfüllung.“ Unser Fisch aber kann es nicht verstehen.
Dann trifft er einen weiteren Fisch. Auch dieser spricht vom Ozean. Jedoch sagt dieser Fisch: „Du musst etwas tun, damit du den Ozean erkennst. Bete zum Ozean und er wird sich bemerkbar machen und dir seine Fülle zeigen; und du wirst glücklich sein.“ Und unser Fisch betet; er betet zu dem Ozean, von dem er gehört hat, dass er existiert. Und ein wenig vom Frieden des Ozeans, ein wenig Zuversicht, erfasst ihn. Jedoch bleibt dieses Gefühl der Unvollständigkeit, ein hartnäckiges Gefühl des Mangels und der unterschwelligen Unzufriedenheit, bestehen.
Dann begegnet er dem nächsten Fisch, von dem bekannt ist, dass er vom Ozean spricht. Und dieser Fisch spricht bedächtig zu ihm: „Du musst meditieren. Du musst den Ozean in dir finden.“ Und unser Fisch versucht sich nach innen zu wenden und den Ozean in sich zu finden. Und während des Meditierens erlebt er manchmal Zustände von tiefem Frieden, die er im Beten nicht erlebt hatte. Das Gefühl der Unvollständigkeit jedoch hält sich hartnäckig.
Eines Tages schwimmt wieder der Fisch an ihm vorbei, der nur sagt: „Der Ozean ist deine Ganzheit und deine Erfüllung und du bist bereits im Ozean.“ Unser Fisch ist nun nicht mehr so irritiert, wie beider ersten Begegnung. Er fragt: „Was bedeutet es, bereits im Ozean zu sein? Und wie kann ich es erfahren?“ Und der Fisch antwortet: „Du musst es nur bemerken.“ „Wie kann ich es denn bemerken?“, fragt unser Fisch. „Gib die Vorstellung auf, dass du den Ozean erreichen musst. Solange du glaubst, dass du den Ozean suchen musst und hoffst, ihn irgend wann durch deine Suche zu finden, kannst du ihn nicht bemerken.“ Und plötzlich entsteht in unserem Fisch ein Innehalten, eine kleine feine Offenheit und erfragt sich: Was, wenn ich den Ozean, wenn ich die Fülle meines Seins, die ich mir so wünsche, tatsächlich nicht erreichen muss? Und er berichtet dem Fisch, der ihm die Botschaft der Wahrheit übermittelt hat, von dieser Öffnung. Er berichtet auch davon, dass er mit dieser Frage eine große Freiheit zu fühlen beginnt, eine Freiheit, die sein ganzes Wesen umschließt und sanft durchflutet. Und er erhält eine Bestätigung: „Ja, dies ist, wie der Ozean, in dem du bist, sich anfühlt. Dies ist das Licht und die Liebe des Ozeans.“ „Aber was kann ich tun, damit das Fühlen des Ozeans für immer bei mir bleibt?“, fragt unser Fisch. „Für immer bei dir bleibt?“, fragt sein Gegenüber. „Du bist bereits im Ozean. Nichts anderes existiert! Dein Sein ist das Sein des Ozeans. Alles, was du erfährst, alles, ist der Ozean. Wie könnte der Ozean denn nicht bei dir sein? Er ist alles in dir und zur gleichen Zeit alles um dich herum .Er ist das Innen und das Außen.“ Nach einer Weile des Kontemplierens über die Tatsache, bereits im Ozean zu sein, berichtet unser Fisch nun davon, dass sich die Annahme, nicht im Ozean zu sein, aufzulösen beginnt. Er erhält wieder eine Bestätigung: „Ja, nur der Glaube, nicht im Ozean zu sein, verschwindet.“
Schon bald empfindet unser Fisch sein Sein gänzlich erneuert. Alle Versuche, den Ozean erreichen zu wollen, sind verschwunden. Unser Fisch lernt seine natürliche Haltung kennen, die Haltung des Zulassens.Das Licht und die Liebe füllt sein Gewahrsein und lässt ihn in immer größerer Wachheit und Klarheit die Unermesslichkeit, aber auch die vielen Details und Nuancen des Ozeans erfahren. Der Fisch entdeckt, dass das Zulassen des Lichts und der Liebe des Ozeans eine ununterbrochene Bewegung ist, die ihm Augenblick für Augenblick, alles darbietet, was er benötigt. Und fortan hat er nie wieder das Gefühl des Mangels. Er erlebt, dass der Ozean selbst sein Sein ist, dass der Ozean selbst ihn nährt und versorgt und er sich völlig sicher fühlen kann, so er nicht wieder dem Glaube verfällt, vom Ozean getrennt zu sein.
Das Zulassende, fühlende Gewahren der Wirklichkeit unseres Seins ist ewig. Es hat nie begonnen und wird nie enden. Es ist unser ewiger, natürlicher Zustand. Selbst wenn wir glauben, nicht im Ozean des Seins, nicht im Ozean der Stille zu sein, findet das zulassende, fühlende Gewahren doch statt. Das zulassende, fühlende Gewahren ist nicht etwas, was wir erreichen müssen. Es ist bereits unser natürlicher Zustand.
Nur der konditionierte Intellekt hält die Idee aufrecht, dass wir,als persönliche, separate Wesen zulassen müssen, dass wir fühlen müssen, dass wir gewahren müssen. Die Ideen des Intellekts beziehen sich stets auf ein Ich, welches all dies vollbringen sollte. Unser Ich ist jedoch das Ich, welches der Ozean ist. Wir sind die Unendlichkeit und Unbegrenztheit des Ozeans, unser und alles Sein seiend.
Wenn wir die Wirklichkeit unseres Seins kontemplieren, die Öffnung zur Wirklichkeit erfahren und das Einfließen des Lichtes und der Liebe der Wirklichkeit wahrnehmen, sind wir mehr und mehr in der Lage, die Suggestionen des konditionierten Intellekts als solche zu erkennen. Alles des konditionierten Intellekts dreht sich um ein separates Selbst, welches nicht existiert. Der Ozean der Stille ist ungeteilt und unteilbar. Im Ozean der Stille gibt es keine voneinander getrennten Bereiche. Ja, der Ozean der Stille gibt sich in, durch uns als uns eine individuelle Perspektive seiner selbst. Er trennt sich hierbei jedoch niemals in voneinander getrennte Individuen auf. Der Ozean bleibt ewiglich er selbst, ganz und ungeteilt.
Was ist die Aktivität, das All-Wirken, des Ozeans? Erlässt sich selbst zu. Er lässt das Geschehen seiner selbst zu. Und sein Licht und seine Liebe nährt alles in ihm. Und was ist die natürliche Haltung eines jeden individuellen Ausdrucks des Ozeans? Er lässt zu. Wir lassen das Licht und die Liebe des Ozeans zu. Wir nehmen die gleiche Haltung wie der Ozean ein und finden uns daher in und als das eine, ungeteilten Geschehen des Ozeans vor. Unser individuelles Gewahrsein ist in keiner Weise vom Ozean getrennt. Wir sind der unmittelbare Ausdruck des Ozeans. Zwischen der Unendlichkeit des Ozeans und seinem individuellen Ausdruck befindet sich kein Raum und keine Zeit. Wir sind der Ozean der Stille, uns seiend,uns – ein Jeder und eine Jede von uns – ohne die Vorstellung, ein getrenntes Zentrum zu bilden, ohne die Vorstellungen des konditionierten Intellekts über uns und über unsere Welt. Der Ozean der Stille und sein individueller Ausdruck leben „vor “und daher trotz der Behauptungen des Intellekts. Wir brauchen nicht die Vermittlung des Intellekts, nicht seine Vorstellungen und Konzepte, um uns selbst so zu erfahren, wie wir sind.
Und so gewöhnen wir uns daran, einfach in der Wachheit,in der Selbsterkenntnis, die vor allen Gedanken und Worten ist, zu ruhen. Wir sind der Gast der Stille; wir sind der Gast der Unendlichkeit. Wollen wir als Gast unsere eigenen Wünsche und Vorstellungen vortragen? Nein, unser Gastgeber weiß um uns. Er weiß, wessen wir bedürfen und gibt in jedem Augenblick alles, was wir brauchen.
Der Schlüssel ist das Zulassen.Das Zulassen ist die neue Bewegung, die wir finden: Waches, bewusstes Zulassen.
(Einige Minuten stilles Gewahren)
Einige von euch haben mir wunderbare Fragen und Anregungen geschickt. Lasst uns alle, wenn wir die Frage hören, mit ihr still sein, wissend, dass jede Frage auch unsere Frage ist. Und lassen wir die Antwort auftauchen.
Die erste Frage ist:
Ich frage, ob es wahr ist, dass beim kontemplativen Schreiben aus dem Gewahren der Stille Botschaften auftauchen und diese als inneres Wissen erfahren werden?
Nun,es ist schön, dass du das fragst. Du müsstest es gar nicht fragen, weil du es weißt. Da du aus dem Gewahren der Stille schreibst, ist alles, was du schreibst, von innen gespeist und trägt das Wissen des Innen. Das Gewahren der Stille ist das Gewahren des Innen. Stille ist nichts weiter als unser Innen. Und unser Innen ist Unendlichkeit; unser Innen ist die Unendlichkeit des Ozeans mit seinem Wissen, mit seiner Intelligenz, mit seiner Aktivität, mit seiner Kreativität. Wir befinden uns im Ozean unendlichen Wissens. Und dieser Ozean, in dem wir uns befinden, ist gleich zeitig das „Innere“ und das „Äußere“. Innen und außen sind das gleiche. Und so drückt sich das, was wir als Innen bezeichnen, als das, was wir als Außen bezeichnen, aus. Es ist jedoch eine Bewegung, eine Aktivität, eine Intelligenz.
Und ja, wir finden unseren individuellen kreativen Ausdruck. Die lebendige Stille in uns animiert uns, sie auszudrücken. Und das Schreiben ist eine wunderbare Art, Worte der Stille, Botschaften der Stille, in Form zu bringen und diese Formen der Stille fließen zu lassen. Wir halten sie niemals fest. Wir lassen sie sich für unser persönliches Erlebensfeld und weit darüber hinaus entfalten und offenbaren. Ganz großen Dank für diese Frage!
Kommen wir zur zweiten Frage: Wie kann ich das Fühlen,das Gewahren und das Zulassen erreichen?
Lasst uns wieder mit dieser Frage still sein. Lasst uns bemerken, dass der Intellekt schon zu wissen glaubt, was die Antwort ist. Können wir die Natur der Frage fühlen und in uns lebendig werden lassen? Wie kann ich das Fühlen,das Gewahren und das Zulassen erreichen?
Wer oder was ist das Ich, welches erreichen möchte? Wenn wir diese Frage„Wie kann ich das Fühlen, das Gewahren und das Zulassen erreichen?“ in uns halten, können wir spüren: Hier stimmt etwas nicht. Es ist das „Ich“ und das „Erreichen“. Das „Ich“ist das konditionierte Ich des Intellekts. Das konditionierte Ich des Intellekts und das Erreichen-Wollen gehen miteinander einher. Wir können sagen, sie bilden eine Bewegung; eine Bewegung jedoch, die nicht in der Wirklichkeit gegründet ist. Der Ozean der Stille ist bereits gegeben und all unser Sein findet in als und durch den Ozean der Stille statt. Und es ist der Ozean der Stille, welcher fühlt,welcher gewahrt und welcher zulässt. Das Fühlen, das Gewahren und das Zulassen ist die Aktivität der Stille. Und wir, als das individuelle Gewahrsein der Stille, können dies bezeugen und können sodann sagen: Ja, wir fühlen, wir gewahren, wir lassen zu. Jedoch nicht wir als ein separates Wesen fühlen, gewahren, vermögen zuzulassen, sondern wir, Stille, der Ozean uns seiend, sind der Fühlende, der Gewahrende, sind das Zulassen.
Besonders großen Dank für diese Frage. Wir benötigen Geduld, damit sich die Antwort gänzlich offenbart. Wir werden immer wieder zu dieser Frage zurückkehren.
Eine dritte Frage: Meine Frage ist, ob es richtig ist, folgend zu agieren: Wenn ich in Kontakt mit einem Menschen bin, der sich seines selbstlosen Selbst nicht bewusst ist, ist die einzige Aufgabe es für den anderen zu wissen.Wie gehe ich damit um, dass der Impuls kommt ein “Ergebnis“haben zu wollen, für das was bereits da ist als die Person? Was kann ich tun, um ihn in und als Freiheit, die allgegenwärtig ist, zu wissen? Ich bin der Raum. Das zu spüren, fehlt mir schwer.
Wenn ich, obwohl sich mir der Anschein präsentiert, dass sich mein Gegenüber seiner wahren Natur nicht oder nur wenig bewusst ist, dennoch die Wahrheit von ihm weiß (was wunderbar ist),aber ein Resultat erwarte – vielleicht in der Form, dass mein Gegenüber sich verändert, dass er die Wirklichkeit, die ich „für ihn“ weiß, spürt – so kann ich mir des Raumes der Wirklichkeit, des Raumes der Stille, nicht bewusst gewahr sein. Warum? Weil nur der konditionierte Intellekt ein Ergebnis möchte (und dieses zu brauchen glaubt). Wenn wir wirklich bewusst in unserem selbstlosen Selbst ruhen, erwarten wir kein Ergebnis, denn es besteht hierfür keine Notwendigkeit. Warum? Unser Erleben ist bereits das Ergebnis. Unser Sein findet im Ozean der Stille statt und alles unseres Seins ist gefühlt und gewusst vom Ozean der Stille selbst. Der Ozean ist sich selbst Ergebnis. Er braucht kein weiteres Ergebnis. Wir selbst sind bereits das eine und einzige Ergebnis! Da wir in dieser Realisation ruhen, ist Stille der „Raum“ indem und aus dem all unser Erfahren geschieht.
Es gibt ein tieferes Verstehen dessen, was wir vielleicht alle bereits praktizieren: Unsere Mitmenschen nicht nach dem Anschein zu beurteilen. Nun,wenn wir den jemanden in der Weise beurteilen, dass wir denken, er oder sie ist sich seines selbstlosen Selbst nicht gewahr, so ist ist dies nicht die Wahrheit. Befindet sich unser Gegenüber nicht in gleicher Weise, wie wir selbst, im Ozean der Stille? Befindet er sich nicht in gleicher Weise inmitten des einen ungeteilten und unteilbaren Lebens? Und ist es nicht Leben selbst, welches gewahrt, welches aus und als seine völlig selbstlose Existenz gewahrt, fühlt und zulässt? Gibt es irgendeinen Platz, wo der Ozean dies nicht tun könnte? Dort, wo der scheinbar unbewusste Mensch ist, ist der Ozean der Stille, dieses Wesen seiend. Und der Ozean der Stille ist sich als dieses Wesen bereits in zulassender, fühlender Weise gewahr. Lasst uns also erlauben, dass selbst die Interpretation, dass uns irgendwo ein Mensch gegenüberstehen könnte, der sich seines selbstlosen Selbst nicht bewusst ist, nicht stimmt. Und lasst uns in diesen Gewahrsein unserem Nächsten begegnen.
Können wir uns selbst, unserer wahren Natur, jemals nicht gewahr sein? Nur dem Anschein nach. Alles unseres Erfahrens ist die wahre Natur, ist das eine Selbst, das eine Sein. Das eine Sein ist immer und überall gänzlich es selbst. Urteilen wir also nicht nach dem Anschein, sondern nach unserer Selbst-Natur. Unsere Selbst-Natur ist nicht der Anschein, den der Intellekt uns vermitteln möchte. Unsere Selbst-Natur ist vom Intellekt unberührt. Das, was wir von anderen denken, ist nicht relevant. Einzig das, was wir von dem Anderen wissen (seine Wirklichkeit), ist wichtig. Und das, was wir von dem Anderen wissen, ist das, was wir über uns selbst wissen.
Großen Dank auch für diese Frage.
Lasst uns abschließend noch einmal kontemplieren:
Wir werden uns der zulassenden Natur unseres Seins wieder deutlicher gewahr. Unser Gewahrsein beginnt sich sofort mit dem Licht und der Liebe der Stille zu füllen, da wir die Haltung des Zulassens einnehmen. In der Haltung des Zulassens verschwindet jede Idee des Erreichens. Wir können uns der vielen Ideen des Intellekts zum Werden und Erreichen mehr und mehr bewusst werden. Und indem wir uns ihrer bewusst werden, erhalten wir die Fähigkeit, sie nicht festzuhalten, sie nicht als unsere Identität zu betrachten. Unser Ich ist nicht das Ich, von dem der Intellekt spricht. Unser Ich ist der Ozean der Stille, der bereits gegeben ist, wann und wo auch immer wir sind. Der Ozean der Stille und seine Fülle ist unser Sein, das Sein aller und das Sein von Allem.
(Noch einige Minuten des stillen Gewahrens)
1Eckhart von Hochheim, Deutsche Predigten und Traktate, Predigt 13
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Das lebendige Wort
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 15.12.2019 im Zyklus „Das Herz der Stille“
Das Leben aus Stille, das Leben aus Gott, ist nicht das Leben, welches der Glaube an Getrenntheit zu kennen meint. Dieser Glaube meint niemals uns. Er meint die Welt der Vorstellungen und Konzepte. Er spricht nicht von der direkten Erfahrung unseres Seins. Die Welt unseres Seins befindet sich wie einen Millimeter „vor“ der Welt des Glaubens und seinen Interpretationen. Alle Wahrheit, die wir hören, alle Wahrheit, die wir empfinden, gehört jedoch zu der Welt der Wirklichkeit und meint das unmittelbare Erfahren des Seins. Es bedarf nur dieses kleinen Zurücklehnens in unserem Gewahrsein – einen Millimeter „hinter“ die Oberfläche der Erfahrung. Dort ist der Ozean der Stille – der Ozean der Stille und seine Bewegung, die Bewegung des Offenbarens seiner Fülle, seines Lebens als dein und mein Erfahren.
(Einige Minuten stillen Gewahrens)
Am Anfang des Johannesevangeliums lesen wir:
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.“1
Dort, wo in den Schriften die Vergangenheitsform benutzt wird, erschließt sich das unmittelbare, mystische Verständnis der Worte besser, wenn wir sie in der Gegenwartsform auffassen. „Im Anfang war das Wort“ meint „Im Anfang ist das Wort“. Der „Anfang“ ist kein historischer Anfang, kein Anfang in der Zeit. Er ist der gegenwärtige Augenblick. Im gegenwärtigen Augenblick (jetzt) ist das Wort und das Wort ist bei Gott. Das „Wort“ ist in Stille, denn Gott ist Stille. Das Wort ist in dem, was kein Gegenstand, kein Objekt des Erfahrens ist und dennoch alles ist, was ist. Stille ist das nicht-objekthafte eine Sein und ist alles, was ist, an jedem „Punkt“ ihrer selbst zur gleichen Zeit.
Und in Stille ist das „Wort“. Was bedeutet „das Wort“, welches genau jetzt ist? Der durch Glaube konditionierte Intellekt mag an ein Wort im Sinne eines Lautgefüges denken. Dies ist kein Problem; dies ist, was der Intellekt tut. Und da Gott, da Stille, alles ist, ist die Wirklichkeit des Intellekts Stille, Gott. So lassen wir die konditionierte Verfassung des Intellekts einfach seine Bewegung ausführen, wissend, dass diese nicht die Wirklichkeit anzeigen.
„Das Wort“ ist die lebendige Wahrheit. Es ist das Geschehen, welches Augenblick um Augenblick aus Stille aufsteigt. Es ist das Geschehen, welches die Aktivität, das Wirken, der Stille ist. Wir können es Spirit oder Geist nennen. Alles entsteht in diesem und jedem Augenblick, durch Spirit, durch Geist, durch das lebendige Wort. Und nichts, was entsteht, nichts des lebendigen, unmittelbaren Seins kann in einer anderen Weise entstehen, als durch das Wort. In ihm [im Wort, im Wirken des Geistes] ist das Leben. Und das Leben ist das Licht der Menschen.
Was jedoch beschreibt der Intellekt als Leben? Eine Ansammlung von einander getrennter Teile und ein separates Ich, welches im Zentrum dieser Ansammlung steht, sich in Beziehung zu den Teilen erlebt und definiert, und vorgibt, die Quelle des als „eigen“ empfundenen Erfahrens zu sein. Dies aber ist nicht das Leben, welches das Licht der Menschen ist. Das Licht, das wahre Leben, ist das Licht, welches dem Wirken der Stille, dem Wort, innewohnt. Wir können das Licht Gewahrsein nennen. Gewahrsein ist, was Leben ist. Gewahrsein und Leben sind das gleiche. Könnte es Leben ohne Gewahrsein geben? Könnte es Gewahrsein ohne Leben geben? Wo Leben ist,ist Gewahrsein. Gewahrsein ist das innewohnende Licht der All-Aktivität der Stille. Lasst uns, wenn wir den Begriff Leben hören, verstehen, was Leben wirklich ist. Leben ist Gewahrsein. Und Gewahrsein ist keine Idee, kein Konzept.Gewahrsein ist reines Gewahren. Gewahrsein ist reines Fühlen. Gewahrsein ist reines Zulassen. Es ist die ununterbrochenen Aktivität des Wirkens des Lichtes des Wortes, welches aus der Stille kommt.
„Und das Licht leuchtet in der Finsternis.“ Was ist die „Finsternis“, in der das Licht leuchtet? Sie ist die Welt des Glaubens an Getrenntheit. Wenn jedoch das Licht der Stille unser Erfahren aufzuhellen beginnt, kann es Glaube und seine Welt nicht begreifen. Das Wirken des Lichtes der Stille ist von einer anderen Natur als das, was Glaube als Wirken auffasst. Es ist ein Wirken, welches vollkommen unabhängig von der Welt des Glaubens an Getrenntheit wirkt. Und nur was in und als dieses Wirken entsteht, ist Wirklichkeit, ist das, was ist – „vor“ der Welt des Verstandes ist. Wir können das Wirken der Stille niemals aus der Position, die der Intellekt beschreibt, der Position eines geglaubten, separaten und privaten Selbst, erleben. Wir erleben das Wirken des Lichtes, das Wirken der Liebe, welches durch das Wort, durch Geist, aus Stille fließt, in der Haltung des Zulassens. Wir erleben es nicht als ein separates Wesen, sondern als die Aktivität der Stille. Wir erleben es als das Wort. Und wir sind das Erleben. Wir sind das Geschehen. Wir sind das Gewahren. Wir sind das Fühlen. Wir sind das Zulassen.
„Sind“, das Verb „sein“, definiert nicht etwas Gegenständliches, obgleich der Intellekt in seiner konditionierten Verfassung dies zu signalisieren scheint.„Sein“ ist Wirken, ist Aktivität. „Sein“ ist Spirit, Geist. „Sein“ ist das Wort– nicht die Buchstaben oder die Laute als solche – sondern das Seiende selbst ist das Wort, welches aus Stille ist.
Und da wir die Lebendigkeit des Lichtes in und als uns fühlen, mögen wir erleben, dass der Glaube an Getrenntheit versucht, etwas daraus zu machen, es in seiner Welt eines persönlichen Selbst einzubinden, es für seine Welt verfügbar zu machen. Und dies gelingt nie. Unser individuelles Sein ist die fortwährend neue Offenbarung des Wortes und lässt sich niemals fassen, kategorisieren oder verfügbar machen. Und aus dem lebendigen Wort, aus dem lebendigen Offenbaren, Augenblick um Augenblick, entsteht unsere Welt – nicht eine Welt von getrennten Objekten, nicht eine Welt aus Materie – sondern die Welt von von Ist.
Bleiben wir im Gewahren selbst, im reinen Fühlen, im Zulassen. Die Welt, die wir in dieser Weise wahrnehmen ist keine materielle Welt, keine Welt voneinander getrennter Teile. Es ist die eine Welt, das eine ungeteilte und unteilbare Leben, welches aus Licht ist. Es ist eine Welt aus reinem Gewahrsein.
Alles unseres Erfahrens ist aus Licht, welches aus Stille, aus Gott, ist.
Lass Glaube seine Interpretationen behalten. Sie spielen keine Rolle. Unsere unmittelbare Erfahrung ist „vor“ den Annahmen des Glaubens und unabhängig von dem, was Glaube als Wahrheit behauptet.
Wahres Verstehen bedeutet das zu sein, was wir verstehen. Wir sind das Wort. Wir sind das lebendige Geschehen von Spirit, von Geist, Licht. Alles unseres Seins ist aus Licht, dem Licht der Stille.
Lassen wir Glaube ruhig behaupten: „Ich kann dies nicht verstehen.“ Das ist eine korrekte Aussage. Da das Licht in der Finsternis zu leuchten beginnt, kann es die Finsternis, das Ich des Glaubens an Getrenntheit, nicht begreifen. Jedoch begreifen wir es, weil wir es sind. Wir begreifen es durch, in und als das Geschehen seiner selbst und das Geschehen seiner Selbst ist das Begreifen. Und wenn wieder das Ich des Glaubens uns zu definieren versucht, so lehnen wir uns innerlich einen Millimeter zurück. Und hier ist der Ozean der Wirklichkeit, die Unendlichkeit unseres Seins, das Nicht-Greifbare, das Nicht-Körperhafte, sich ununterbrochen als sein individuelles Sein offenbarend.
(Einige Minuten des stillen Gewahrens)
Wir kommen nun zu einer Frage, die ich erhalten habe: „Ist das individuelle Leben die Absicht und Aufgabe, die ein jeder ist, und ist es unsere Freiheit und Erfüllung sie zu erfüllen?“
Es ist so sehr wichtig, lebendig zu verstehen, dass unser individuelles Leben kein separates Leben ist. Es ist auf dem spirituellen Weg von großer Wichtigkeit, tiefgründig den Unterschied zwischen individuellem und separaten Leben zu verstehen. Unser individuelles Leben, unser wahres und individuelles Leben, findet im bewussten Erkennen des Ozean der Stille statt. Und unser individuelles Leben ist das Leben, das wir sind. Ja, hinsichtlich unseres individuellen Lebens im Ozean der Stille, im bewussten Einssein mit Stille, mit Gott, können wir von einer Absicht sprechen. Diese Absicht ist jedoch keine Absicht in dem Sinne, dass wir eine eigene, persönliche Absicht oder Aufgabe haben. Vielmehr ist unser individuelles Leben die Absicht (so heißt es auch in der Frage) und offenbart unsere Aufgabe. „Gott ist individuelles Sein“, „Ich und der Vater sind eins“ – und dieses Einssein ist ein absichtsvolles Geschehen. Um dies zu verstehen, lassen wir jegliche konditionierte Interpretation von dem, was Absicht ist, hinter uns. Das Geschehen selbst beinhaltet das Wissen um die Absicht. Die Absicht ist das Wirken, welches das Wort ist. Die Absicht ist Selbst-Offenbarung. Gott, Stille, offenbart sich Augenblick für Augenblick als freies, ungebundenes, individuelles Sein. Und dies ist, was wir in jedem Augenblick sind.
Als freies ungebundenes Sein haben wir einen körperhaften, dimensionalen Eindruck des Wirkens, welches das Wort ist, und wir erfüllen die Absicht, die dem Wirken innewohnend ist – in und als unsere menschliche Erfahrung. Wiederum sprechen wir nicht von jener menschlichen Erfahrung, die Glaube zu kennen meint, der Erfahrung eines getrennten, privaten und autonomen Selbst. Wir sprechen von der Erfahrung, die sich aus Stille, durch das Wort, mit dem Licht des Wortes – dem Licht des Gewahrseins – als all unser Erfahren offenbart. Es ist die gleiche Erfahrungswelt, die Glaube als getrennt, unterteilt, persönlich, physisch oder materiell auf fasst. Im unmittelbaren Erfahren jedoch, im Gewahren des Geschehens des Wortes, welches aus Stille, aus Gott ist, offenbart sich mit, durch und als dieses Geschehen unsere menschliche Absicht und menschliche Aufgabe, welche es ist, das Offenbaren zuzulassen. „Aus mir selbst heraus bin ich nichts.“ Es ist die All-Aktivität des Wortes in mir und als mich, welches sichtbar in dieser Welt lebt. Der von Glaube konditionierte Intellekt möchte wissen, was „meine“ persönliche Absicht und Aufgabe ist. Die Wirklichkeit jedoch offenbart die Absicht und Aufgabe unseres wahren Selbst: Das unpersönliche, das zulassende, das selbstlose Selbst zu sein. Und sofort sind wir in unserer wahren Funktion, die nun in einzigartiger Weise sichtbar wird.
Lasst uns keine Vorstellungen darüber hegen, wie sich unsere wahre Funktion gestalten sollte. Sie kann sich auf jegliche Weise zeigen. Wir können uns aktiv tätig erleben oder auch nur still dasitzend und scheinbar nichts Spezielles tun. Ein jeder und eine jede von uns hat spezielle Talente, spezielle Fähigkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten. Und diese treten hervor – im scheinbar Kleinen wie im scheinbar Großen. Es ist die eine Bewegung, das eine Wirken. Es ist das Wort, welches aus Stille ist. Es ist das wahre Leben, welches Licht, welches Gewahrsein ist, und sich als die Formen unseres menschlichen Lebens offenbart. Es befindet sich einen Millimeter „vor“ der Welt des Intellekts. Es ist das Einzige, was uns wirklich Erfüllung erfahren lässt. Es ist Fülle selbst, in ihrer Bewegung des Sich-selbst-Offenbarens.
Und so fühlen wir uns – wenn sich unser Talent offenbart, wenn sich unsere Fähigkeit zu geben zeigt und wir diese zulassen – auf natürliche Weise erfüllt. Diese offenbaren sich, da wir verstehen, was und woher wir sind und da wir verstehen, was und woher wir nicht sind.
Mit unserer menschlichen Existenz geht eine uns innewohnende Fähigkeit einher. Es ist die Fähigkeit des Zulassens, des Zulassens des Lichtes und der Liebe der Stille. Es ist ein waches, aktives, bewusstes Zulassen. Es ist das Zulassen, dass Spirit, Geist, das Wort, uns bewegt und animiert.
„Ist das individuelle Leben die Absicht und Aufgabe, die ein jeder ist, und ist es unsere Freiheit und Erfüllung sie zu erfüllen?“Ja, das individuelle Leben – Gott, Stille, individuelles Sein seiend – ist die Absicht und offenbart die Aufgabe, die wir sind und haben. Und dies ist unsere Freiheit und Erfüllung. Es ist das Einzige, was uns wirkliche Freiheit und Erfüllung erfahren lässt. Und die Erfahrung, diese Freiheit und diese Erfüllung im menschlichen Kontext zu erleben, ist unsere Freude – unsere Freude, als selbstloses Selbst zu leben, was gleichzeitig bedeutet als wahres Individuum zu leben.
Je mehr wir der Unendlichkeit des Seins erlauben unser Sein zu sein, desto individueller und einzigartiger ist unser Ausdruck des Seins. Je mehr wir der Unendlichkeit des Seins gestatten unser Sein zu sein, desto reicher ist unser Erfahren, desto mehr Nuancen und Details unseres Seins erfahren wir. Wir sind Stille, Gott, uns und unser Erfahren seiend. Dies ist das wahre individuelle Sein.
(Einige Minuten des stillen Gewahrens)
Im Anfang – jetzt – ist das Wort.
Und das Wort ist jetzt, in jedem Augenblick,
bei und aus Gott, der Stille unseres Seins.
Und Stille ist die Wirklichkeit des Wortes.
Stille ist das Wort.
Stille, Gott, ist unser Sein.
Und alles entsteht und offenbart sich, aus Stille,
durch das Wort, durch das Wirken der Stille.
Wirken bedeutet Leben.
Leben ist Licht. Leben ist Gewahrsein.
Und das Licht der Stille leuchtet dort,
wo der konditionierte, menschliche Geist behauptet,
dass die Welt eines separaten Selbst wirklich sei.
Das Licht der Stille offenbart ungeachtet dessen
seine Formen der Harmonie,
der Unversehrtheit und der Ganzheit,
Augenblick für Augenblick.
Großen Dank uns allen.
1Johannes 1, 1–5
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Mühelose Ausrichtung
Auf Grundlage der Sonntagsgruppe vom 14.06.2020 im Zyklus „Die Kunst des Lauschens“
Lasst uns zur Einstimmung die „Worte am Morgen“ von Donnerstag und Freitag hören.
Wenn der Wind das Blatt eines Baumes berührt,
berührt er dann nicht das Ganze des Baumes?
Da Stille dich berührt,
berührt sie nicht das Ganze von dir?
Kann ein Blatt etwas anderes sein,
als der Baum selbst, alles dieses Blattes seiend?
Kannst du etwas anderes sein,
als Stille selbst, alles an dir seiend?
(Worte am Morgen 100)
Hat das Blatt eines Baumes nicht alles,
was der Baum ist und hat?
Muss es sich darum bemühen?
Muss es an sich arbeiten?
Muss es sich als würdig erweisen?
Nein.
Das Blatt weiß nichts von alledem.
Es lässt einfach den Baum es selbst sein.
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Hast du nicht alles, was Stille ist und hat?
Musst du dich darum bemühen?
Musst du an dir arbeiten?
Musst du dich als würdig erweisen?
Nein.
Erlaube dir, von aller Mühe abzulassen.
Lasse einfach Stille du sein.
(Worte am Morgen 101)
Wie können wir sagen, dass die lebendige Erkenntnis unserer wahren Natur von Gott, Stille, individuelles Sein seiend, völlig mühelos geschieht? Es ist tatsächlich so: Die Gott-Erfahrung ist völlig mühelos und muss völlig mühelos sein. Das Erfahren wahrer Stille geschieht ohne jegliche Anstrengung – und nur ohne jegliche Anstrengung. Warum können wir dies sagen? An welchem Punkt der Entfaltung unseres Bewusstseins können wir dies wirklich erleben? Nun, wir können es in dem Maß erleben, in dem wir die Kunst des wahren Lauschens, Gewahrens und Zulassens entdecken und hierdurch unsere wahre Natur als das selbstlose Selbst erkennen.
Solange unser Versuch, Gott, Stille, zu erfahren, mit dem Wunsch einhergeht, etwas Persönliches zu erlangen, fühlen wir eine Anstrengung. Warum? Weil es nichts Persönliches gibt! Es gibt kein persönliches Selbst, das etwas erreichen könnte oder etwas bekommen müsste. Doch solange in unserem Bewusstsein dieser Glaube vorhanden ist und wir auf der Basis dieses Glaubens suchen, kontemplieren und zu lauschen versuchen, ist dies anstrengend, aus dem einfachen Grund, dass es nicht funktioniert und nicht funktionieren kann. Es gibt kein Erreichen von dem, was bereits ist.
Und so bedarf es des Ergriffenseins von der Wahrheit der Aussage: Gott, Stille, kann nicht erreicht werden und muss nicht erreicht werden. Gott, Stille, ist das, was bereits ist, und ist alles, was ist. Es bedarf nichts Zusätzlichem.
In welcher Haltung befinden wir uns, da dieses Verstehen auftaucht? Es kann nur die Haltung des Lauschens, Gewahrens und Zulassens sein. Wir sind der Gast des vollendeten Reiches der Stille, der Gast des Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist das Reich des einen, ungeteilten und unteilbaren Bewusstseins, das Reich des allgegenwärtigen Einen, welches alles ist, welches überall ist und daher nicht erst erreicht werden muss oder auch nur erreicht werden könnte. Jede Anstrengung, das zu erreichen, was bereits ist, fußt auf einem Glaube – dem Glaube an eine weitere Existenz, an ein weiteres Selbst, welches nicht bereits alles des einen Seins ist und hat.
Dass wir bereits das sind, was wir gesucht haben, wird offensichtlich, da wir zu verstehen beginnen, dass wir nicht nach einer anderen Erfahrung als jener, die gerade ist, suchen müssen und stattdessen der Stille, der Substanz allen Erfahrens, lauschen und ihrer gewahren. Lauschen und Gewahren sind kein Suchen. Lauschen und Gewahren bedeutet zu finden. Gewahrend, lauschend und zulassend offenbart sich mühelos die Fülle dessen, was ist.
Wir sehen, wir hören, wir empfinden in völliger Einfachheit und Lauschen dem Innen, der Substanz allen Erfahrens.
Und wir sind zufrieden. Wir sind einzig in Stille, in Gott, zufrieden. Und aus der Stille unseres Seins formt sich alles, dessen wir bedürfen. Wir müssen dies nicht nachvollziehen. Hier, in wahrer Stille, wissen wir, dass für alles gesorgt ist.
Ich habe eine Frage erhalten:
Lieber Johannes,
bitte sprich einmal zu dem Thema Ausrichtung, das sich gerade mit einer gefühlt größeren Dringlichkeit meldet. Schon Jesus hat ja den Menschen dargelegt, dass man nicht „Diener zweier Herren“ sein kann. Was aber bedeutet es, nur Stille, Gott, dem „einen Herrn“ zu „dienen“? Und wessen bedarf es, hierin beständig zu sein?
Nun, wir müssen unser Bewusstsein zuerst für die Erkenntnis öffnen, dass es nicht uns und Gott, nicht uns und Stille, nicht uns und die Quelle gibt. Es gibt nur Stille, uns seiend. Es gibt nur Stille, das namenlose Eine, genau dieses und jedes Erfahren in diesem und jedem Augenblick seiend.
Und natürlich können wir hier nicht wirklich von einem „Dienen“ sprechen. Wir könnten uns fragen: Dient Gott, Stille, uns oder dienen wir Gott, Stille? Es gibt nur Gott. Was jedoch die Frage wohl meint, ist – und das ist auch der zweite Teil der Frage: Wie können wir ununterbrochen in dieser Erfahrung sein und sie leben? Und hier können wir sehr wohl zwei Weisen, den Alltag zu leben, unterscheiden.
Das bewusste Leben in und aus Stille ergibt sich aus unserem unmittelbaren, häufig spontanem Erkennen, was wahre Stille, was Gott , was das Namenlose Eine, jenseits aller Gedanken und Worte, tatsächlich ist.
Sobald Stille durch ihr Licht und ihre Liebe unser Wesen berührt, entsteht die Sehnsucht ganz in, durch und als Stille, dem ungeteilten und unteilbaren Einen, zu leben. Diese Sehnsucht ist eine Anziehungskraft. Wir können sagen, wir sind wie Motten, die ins Licht fliegen wollen oder wie Eisenspäne, die von einem Magneten angezogen sind. Aus dieser Anziehungskraft ergibt sich eine innere und äußere Ausrichtung. Diese Ausrichtung mag anfangs mühevoll sein. Wir haben gehört, warum: Weil wir aus unserer menschlichen Natur heraus immer etwas für „uns selbst“ oder „für andere“ haben möchten, für ein Leben, welches wir als das eigene, persönliche Leben oder das persönliche Leben unserer Mitmenschen auffassen.
Die Anziehungskraft Gottes, die Anziehungskraft wahrer Stille jedoch, befreit unser Bewusstsein von dem Glaube, dass es neben Stille noch ein weiteres, von Stille getrenntes und von ihr verschiedenes Selbst namens ich, du, er oder sie gibt, welches der Fülle bedarf. Haben wir nicht immer wieder gehört, dass einzig Gott, einzig Stille ist, dass Gott Fülle ist, und dass Gott individuelles Bewusstsein ist? Wie könnte es uns oder irgendjemand also an etwas ermangeln?
Und so zeigt sich uns in einer holprigen Art und Weise oder gar in einer stürmischen Art und Weise oder aber in einer sanften Art und Weise der Weg des Innenhaltens, des Lauschens und des Zulassens.
Sobald wir wirklich innehalten, ist das Innen mit all seiner Fülle zugegen. Wir konnten es nur noch nicht bemerken, da wir an die Wirklichkeit eines Außens geglaubt haben. Es gibt nur innen – und ja – eine scheinbar äußere Darstellung des Innen. Jedoch ist alles einzig innen, alles ist Stille, alles ist Gott und aus Stille ist alles unseres Erfahrens. Und da dies unsere wahre Natur ist, empfinden wir sie als anziehend. Diese Anziehungskraft, die wir als unsere Liebe zur Wahrheit spüren, gibt uns die Richtung. Und wir erleben zunehmend, dass unsere Liebe zur Wahrheit allen inneren Raum einnehmen möchte.
Stille, Gott, zeigt uns aber auch die praktischen Schritte – zeigt uns, welche äußeren Räume wir bereitstellen müssen, zeigt uns, was uns darin unterstützt, dem Sog der Stille zu folgen. Und dies ist meistens nicht unser altes gesellschaftliches Leben. Selbstverständlich ist es einfacher, zu Hause an einem ruhigen Platz, im Garten oder im Wald dem Innen gewahr zu sein und zu erkennen, dass alles Außen aus dem Innen ist. Dies gelingt anfangs nur schwerlich in Gesellschaft von Menschen, in denen sich die Sehnsucht nach dem bewussten Leben im ungeteilten Ganzen noch nicht gemeldet hat, bei denen sich die Gespräche um die Dinge der Welt als solche drehen und nicht dem gelauscht wird, woher alles ist, geliebt wird, woher alles ist, anerkannt wird, woher alles ist.
Natürlich haben wir weiterhin unsere Begegnungen mit unseren Familien und Freunden. Und wir haben weiterhin Termine, zu denen wir erscheinen. Jedoch reduziert sich vieles wie von selbst, anderes organisiert sich neu. Doch auch inmitten jeder Umgebung können wir immer wieder kurz innehalten und dem Innen, der Präsenz der Stille, gewahren oder einfach über die Wahrheit unseres und allen Seins kontemplieren. Während unsere Mitmenschen im Raum laut über die Dinge der Welt „kontemplieren“, kontemplieren wir im Stillen über unser wahres Sein, aus dem einfachen Grund, weil es uns dorthin zieht und weil wir – überall, wo wir sind – diesem inneren Ruf folgen, so gut es geht. Dies bedeutet es, dem „einen Herrn zu dienen“. Stille, das Innen, ist unser innerer „Geliebter“. Die sich offenbarende Präsenz Gottes, ist das, dem unser Augenmerk gilt. Wir können sagen, wir behüten sie während des Alltags. Es ist das Wichtigste für uns. Es ist die Quelle, aus der wir leben. Warum sollten wir nicht bewusst unsere Quelle mit uns tragen – still, geheim und unerkannt? Und dann mag es sein, dass uns unsere Mitmenschen ansprechen, weil sie in der Begegnung mit uns in der einen oder anderen Weise die Präsenz der Stille bemerken. Und erst dann sollten wir langsam etwas preisgeben.
Der Weg nach innen ist ein völlig individueller Weg. Es geht nur um dich und mich, genau hier und genau jetzt, wo immer und wann immer wir uns und unsere Welt vorfinden. Es geht um ein bewusstes Erkennen, dass unsere Welt, die Welt der Sinneserfahrung und ihrer Interpretationen, lediglich das Außen des Innen ist, unsere Liebe jedoch dem Innen gilt. Die Liebe zum Innen unseres Erfahrens ist die innigste Beziehung, die wir erleben können. Es ist die Beziehung bewussten Einsseins.
Und im Leben dieser Beziehung finden wir Freunde, finden wir Gemeinschaft mit jenen, die Stille, Gott, in gleicher Weise lieben. Wir können sagen, wir finden die Gemeinschaft der Gott-Liebenden, die Gemeinschaft derer, die auf die lebendige Fühlbarkeit der Präsenz Gottes achten, die Gemeinschaft derer, die lauschen – die Gemeinschaft derer, die staunend immer deutlicher erleben, dass es keiner Anstrengung bedarf, um der Präsenz und der Aktivität der Wirklichkeit und ihrer Fülle gewahr zu sein und aus ihr zu leben.
Auf dem Weg lernen wir sehr schnell, die Anziehungskraft der Stille und die Anziehungskraft der Welt zu unterscheiden. Hierbei geht es nicht darum, den sinnlichen Erfahrungen der Welt den Rücken zu kehren – erinnern wir uns: Gott ist Fülle. Jedoch setzen wir durch Lauschen das Innere aller Sinneserfahrung frei, indem wir uns nicht auf die Objekte der Sinneserfahrung als solche beziehen, sondern ihrem Innen lauschen. Wir lauschen dem Innen aller Dinge. Und in dieser Weise erlauben wir allen Dingen und allen Empfindungen, sich als das zu offenbaren, was sie sind. Und so eröffnet sich uns immer häufiger, was das wahre Leben, das einzige Leben, ist: Das unmittelbare Erfahren der Welt, wie sie ist, ungefiltert durch die Vorstellung eines eigenen Selbst.
An einem unvorhersehbaren Punkt stellt sich das bleibende Erkennen ein, dass Getrenntsein eine völlige Illusion ist, die es weder gibt, noch je gegeben hat. Einzig Stille, einzig das ungeteilte und unteilbare Eine ist, und offenbart durch ihr Licht und ihre Liebe, dass wir das sind, was wir geliebt haben. Wir sind ins Licht geflogen. Und was geschieht, da wir ins Licht fliegen? Unser Verstand mag sich etwas Außergewöhnliches vorgestellt haben. Wir sind jedoch weiterhin genau hier – Gott ist genau der Platz, an dem sich ein jeder und eine jede von uns gerade vorfindet.Hier ist der Platz des Lichtes. Hier ist der Platz bedingungsloser Liebe. Hier ist der Platz des Namenlosen. Und ja, hier ist weiterhin Hören, Sehen, Empfinden, hier sind alle Sinneseindrücke, jedoch bewusst in Liebe und Licht erfahren – in, durch und aus dem Einen.
Auch wenn uns das Erfahren noch häufiger zu entschwinden scheint – unser Körper kennt, liebt und erinnert diese Weise des Erfahrens. Er sehnt sich danach. Und so haben wir eine konkrete, lebendige Erfahrung als Richtungsweiser. Unser Körper möchte immer wieder in die Reinheit dieser Erfahrung zurück, weil sie unser natürlicher Zustand ist – das bewusste Erfahren des Einsseins von Stille und Sinneserfahrung, von innen und außen. Und dies möchten wir in unserem Alltag beibehalten. Wir möchten darauf achten. Und wir lernen, wo uns dies am besten gelingt und wie uns dies am besten gelingt.
Stille, Gott, sorgt für die Offenbarung ihrer selbst – das All-Wirken des Einen stellt die Plätze und die Umstände zur Verfügung, einzig indem wir das Eine lieben und seine Aktivität zulassen.
Und natürlich meldet sich im Zulassen des Wirkens der Stille die menschliche Konditionierung immer wieder, der Weg der Welt, der Weg des menschlichen Geistes. Die Anziehungskraft der Welt des menschlichen Geistes hat uns jedoch nie erfüllt. Die Suche nach wahrem, bleibendem Glück auf den Wegen der Welt ist immer wieder gescheitert. Und sie muss scheitern.
Unser Sein ist aus Stille. Unser Erfahren ist aus Licht und Liebe. Dies ist die Wahrheit, die uns befreit und nicht unser Versuch, sie wahrzumachen. Es ist das bereits gegebene Vorhandensein unserer wahren Natur, welches unser Bewusstsein hier auf Erden von allen Schleiern befreit, und offenbart, dass die Erde der Himmel ist, dass jeder Moment der Erfahrung frei ist und als frei erfahren werden kann, indem er nicht ergriffen und damit vergegenständlicht wird, sondern frei bleiben darf, sich formen darf, als Bild und Gleichnis der Quelle allen Seins.
So können wir sagen: Wir dienen dem Einen, so wie das Eine uns dient. Es ist ein Geschehen. Es ist eine Liebe.
Vielen Dank uns allen! Danke, danke für eure Präsenz, eure Liebe und eure Unterstützung.
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Weitere Texte folgen demnächst.
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